Inland

Klimaschutz: Abschied und Vermächtnis von Barbara Hendricks

Das verschärfte Klimaschutzgesetz wurde am Donnerstag im Bundestag verabschiedet. Nicht der Schlussakt der deutschen Klimaschutzpolitik, doch für die Ex-Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ein in doppelter Hinsicht besonderer Moment.
von Benedikt Dittrich · 25. Juni 2021
Ex-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erinnert in ihrer letzten Rede im Bundestag an das Pariser Klimaabkommen.
Ex-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erinnert in ihrer letzten Rede im Bundestag an das Pariser Klimaabkommen.

Für das, was sie am Donnerstagabend am Ende ihrer Redezeit noch loswerden möchte, braucht Barbara Hendricks kein Manuskript. Die SPD-Politikerin faltet ihren Zettel kurz, richtet dann ihre Arme in Richtung der Fraktionen, die sie als „demokratisch“ bezeichnet und spricht dann ruhig weiter: „So, wie wir den Klimawandel bekämpfen und das Klima schützen, so sollen wir bitte gemeinsam die Feinde der Demokratie bekämpfen und unsere Demokratie schützen. Denn die brauchen wir auch, wie die Luft zum Atmen.“

Es ist eine deutliche Bitte, die Hendricks, die frühere SPD-Umweltministerin, explizit an die Parteien, aber auch die Bürger*innen und insbesondere die jungen Menschen im Land richtet und die auch die Zwischenrufe von rechtsaußen nicht zu übertönen vermögen. Als Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki im Anschluss noch ein paar Worte zum Abschied an sie richtet, stehen einige Politiker*innen an ihrem Platz und applaudieren der Sozialdemokratin, die nach Ende dieser Legislaturperiode aus dem Bundestag ausscheidet. „Nicht immer einfach, aber immer offen, immer streitbar, was wichtig ist für eine Demokratie“, lobt Kubicki die 69-Jährige Sozialdemokratin aus Kleve in Nordrhein-Westfalen. Sieben Legislaturperioden gehörte Hendricks dem Bundestag an, von 1994 bis 2021, 27 Jahre.

Hendricks erinnert an historischen Moment

Hendricks war es auch, die sechs Jahre zuvor dabei war, als das Pariser Klimaschutzabkommen verhandelt und beschlossen wurde. In dem erstmals Klimaschutz zur Verpflichtung wurde, konkrete, globale Ziele vereinbart worden waren. „Es war der entscheidenste Moment meiner politischen Laufbahn“, sagt Hendricks nun, sechs Jahre später, im Bundestag. Damals, 2015, habe sie Medienvertreter*innen gegenüber gesagt: „Ich neige nicht zu großen Worten, aber heute haben wir Geschichte geschrieben.“ Und, wieder in der Gegenwart, formulierte Hendricks nun im Verlauf der Klimaschutzdebatte im Bundestag: „Wir haben Geschichte geschrieben und daraus machen wir Zukunft.“

Denn auf diesen UN-Klimazielen fußt das deutsche Klimaschutzgesetz, das maßgeblich von der noch amtierenden Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) im Kabinett und mit den Fraktionen verhandelt wurde. Das zuletzt noch verschärft wurde, nachdem das Bundesverfassungsgericht auch über 2030 hinaus klarere Emissionsziele gefordert hatte. Klimaneutralität ab 2045, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 65 Prozent senken – mit diesen Änderungen wurde es am Donnerstag im Bundestag verabschiedet.

Es bleiben offene Punkte bei der SPD

Unzufrieden zeigte sich damit vor allem die Opposition, aber auch Redner*innen aus der SPD ließen durchblicken, dass sie gerne noch mehr ins Gesetz geschrieben hätten. Dazu gehört beispielsweise die Forderung, höhere Heizkosten durch den CO2-Preis nicht auf Mieter*innen abzuwälzen. Auch eine Solardachpflicht für Neubauten, höhere Energiestandards, ein Tempolimit für den Verkehr und höhere Ausbauziele für Erneuerbare Energien zählte Svenja Schulze auf. „Ich kann nicht verhehlen, ich habe mir bis zum Schluss noch mehr gewünscht.“ Vor allem mit Blick auf den CO2-Preis beim Heizen sei allerdings mit der Unionsfraktion nicht zu machen gewesen. „Für sozialen Klimaschutz gibt es leider keine Mehrheit“, so Schulze, die gleichzeitig darauf verwies, dass es im Kabinett darüber Einigkeit gegeben hatte, die Heizkosten zumindest zur Hälfte auch Vermieter*innen aufzubürden.

Klaus Mindrup aus der SPD-Bundestagsfraktion bezeichnete indes auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) als „Bremsklotz“, gegen den die Sozialdemokrat*innen dennoch viel hatten durchsetzen konnen. Wie die Industriestandorte Bayern und Baden-Württemberg – wo CSU beziehungsweise Grüne in den Landesregierungen anführen und beim Ausbau Erneuerbarer Energien hinterherhängen – ohne neue Windkraftanlagen funktionieren sollten, wisse er allerdings nicht.

Wettstreit im Wahlkampf erwartet

Klimaschutzpolitik, die Wirtschaft und Gesellschaft mitnimmt, das machte neben Schulze und Mindrup auch Bernd Westphal aus der SPD-Fraktion klar, könne es auch künftig nur mit der SPD geben. Viele junge Menschen hätten Erwartungen an die Politik, sagte Westphal auch mit Blick auf seine Kinder und Enkelkinder „und wir sollten sie nicht enttäuschen“.

Die Entscheidung, das machte wiederum Schulze klar, liegt nun allerdings bei den Wähler*innen. In den nächsten Wochen werde es einen Wettstreit geben um die besten Konzepte. „Ich bin davon überzeugt: Darüber lohnt es sich zu streiten“, rief sie den Parlamentarier*innen zu und verspricht außerdem: „Sozial gerechten Klimaschutz, den gibt es mit der Sozialdemokratie und dafür werden wir auch im weiteren streiten.“

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