Inland

Klimabilanz 2019: Svenja Schulze sieht Deutschland auf Kurs

Dirk Messner, Chef des Umweltbundesamts warnt eindringlich: Auf den „Corona-Krisenmodus“ könnte der nächste Krisenmodus folgen, wenn der Klimaschutz nicht massiv vorangetrieben werde - in Deutschland, Europa und der Welt.
von Benedikt Dittrich · 16. März 2020
Die erneuerbaren Energien werden die Welt verändern
Die erneuerbaren Energien werden die Welt verändern

Die Klimabilanz für 2019 sieht gut aus – zumindest in breiten Teilen. Das konnte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Montagmorgen verkünden. 54 Millionen Tonnen CO2-Emissionen konnten in 2019 eingespart werden. Das entspricht einem Rückgang von 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gespart wurde vor allem bei der Energierzeugung.

Das zeigt, nach Ansicht von Schulze, dass der Kohleausstieg sich bereits in der Bilanz niederschlägt: „Wir haben den Kohle-Ausstieg ja nicht erst in diesem Jahr eingeleitet, sondern schon 2016. Seitdem sind acht Braunkohle-Kraftwerksblöcke in die Sicherheitsreserve gegangen.“

Steigender CO2-Preis beeinflusst Energiesektor

Insgesamt wurden in Deutschland 2019 rund 805 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Der Energiesektor hat nach Aussage des Umweltbundesamtes (UBA), das dem Umweltministerium von Svenja Schulze angehört, dabei am meisten Emissionen eingespart. Das hat verschiedene Gründe: Der CO2-Preis stieg durch die Reform des europäischen Emissionshandels, gleichzeitig sank der Gaspreis in der Vergangenheit und der Zuwachs der Erneuerbaren Energien machte sich ebenfalls bemerkbar. Der Effekt: Der Betrieb von umweltschädlichen Kohlekraftwerken wurde im Endeffekt teurer und damit weniger attraktiv. „Unsere Maßnahmen greifen, es wurde deutlich weniger Kohle verbrannt“, bilanzierte Schulze am Montag. „Da, wo die Politik bereits gehandelt hat, liegen wir beim Klimaschutz weitgehend auf Kurs.“

Doch das gilt leider nicht für jeden Bereich, wie auch Umweltbundesamt-Chef Dirk Messner betonte: „In anderen Branchen stagniert die Entwicklung.“ Deutschland könne zwar die Klimaziele und sogar noch mehr schaffen, er forderte dafür aber den weiteren Ausbau von Windkraftanlagen: „Wir müssen wieder deutlich mehr Windenergieanlagen installieren, daran führt kein Weg vorbei.“ Gerade bei Windkraftanlagen an Land stockte der Ausbau in den vergangenen Monaten, vor allem über die Mindestabstände zu Siedlungen wird nach wie vor gestritten.

Gleichzeitig bleiben die Emissionen im Verkehrs- und Gebäudesektor hoch – im Gebäudesektor sind sie zuletzt sogar wieder gestiegen. Gründe dafür sind laut dem Ministerium der gesunkene Heizölpreis einerseits und die Witterungsbedingungen andererseits: In den Wintermonaten war es in Deutschland 2019 wieder etwas kühler als 2018 – es wurde wieder mehr geheizt und damit mehr CO2 emittiert.

Klima-Sorgenkind Straßenverkehr

Ein größeres Sorgenkind bleibt trotzdem der Verkehrssektor, wie Michael Strogies, Fachbereichsleiter beim UBA, erklärt. Denn gerade beim Straßenverkehr gibt es allein schon ein rechnerisches Problem – was auch an dem Referenzjahr 1990 liegt: „Man muss betrachten, wir hatten damals 40 Millionen Fahrzeuge auf den Straßen, im Jahr 2019 65 Millionen.“ Die Emissionen lägen zwar mengenmäßig auf dem gleichen Niveau, so Strogies weiter, aber „die technische Emissionsminderung bei den Fahrzeugen ist durch den Zuwachs der Flotten aufgebraucht worden“.

Mit Blick auf die derzeit alles überlagernde Herausforderung durch die Corona-Pandemie warnte Messner eindrücklich davor, den Klimaschutz zu verschleppen: „Wir sind in einem Corona-Krisenmodus“, sagte er mit Blick auf die aktuellen Probleme rund um die neuartige Virus-Infektion. „Aber wenn wir jetzt in Klimaschutz in Deutschland, Europa und weltweit nicht massiv vorantreiben, kommen wir in den nächsten globalen Krisenmodus, der dann klimagetrieben sein wird“, prophezeite der Umweltexperte.

Insgesamt konnten in Deutschland die Treibhausgas-Emissionen mit Ausnahme von 2009 jedes Jahr gesenkt werden. Nach den Berechnungen des Umweltbundesamts konnten gegenüber 1990 – dem Referenzjahr für die Klimaschutzziele – die Emissionen um fast 36 Prozent gesenkt werden. „Mit dem verabschiedeten Klimaschutzgesetz ist ein Mechanismus festgesetzt, der sicherstellt, dass wir bis 2030 die 55 Prozent erreichen werden“, erklärte Michael Strogies, Leiter des Fachbereichs im UBA. Deutschland will bis 2050 klimaneutral werden, als Zwischenziel gelten 55 Prozent Reduktion für das Jahr 2030.

node:vw-infobox

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare