Die vier wichtigsten europaweiten Spitzenkandidaten haben sich am Montag in der niederländischen Stadt Maastricht zum ersten europäische TV- Duell getroffen. Der Schlagabtausch, der auf dem Nachrichtensender euronews in 13 Sprachen ausgesendet wurde, war für viele Zuschauer ein historisches Ereignis und zugleich Impulsgeber.
Bei dem ersten europäischen TV-Duell am Montagabend wollen Martin Schulz (Sozialdemokratische Partei Europas), Ska Keller (Europäische Grüne Partei), Jean-Claude Juncker (Europäische Volkspartei) und Guy Verhofstadt (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa) die Bürger von ihren Programmen für Europa überzeugen.Schließlich erhalten diese bei der diesjährigen Europawahl zum ersten Mal die Möglichkeit, mit ihrer Stimme nicht nur die Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes zu entscheiden, sondern damit auch die Wahl des Präsidenten der Kommission zu beeinflussen. Martin Schulz betont: „Ich möchte Präsident der Kommission werden als Ergebnis demokratischer Wahlen, nicht durch eine Abmachung von Regierungschefs hinter verschlossenen Türen“
Die TV-Debatte verfolgt daher auch das Ziel, den Wahlkampf stärker auf die europäische Bühne zu heben und so für eine europaweite Diskussion zu sorgen. Nicht ohne Grund ließen sich die Kandidaten überzeugen, für diese erste TV-Debatte nach Maastricht zu kommen: In Maastricht ist man stolz darauf, Geburtsort des Euros und der EU zu sein. Noch wichtiger als die historische Bedeutung des Ortes ist für das Duell der Spitzenkandidaten aber das Publikum: Die Debatte findet hauptsächlich vor Studenten aus der ganzen EU statt, denn gerade die jungen Wähler hatten sich bei den letzten Wahlen immer weniger beteiligt.
Studenten sorgen sich um die Zukunft ihrer Generation
Die Fragen an die Spitzenkandidaten stammen zum großen Teil von den Studenten. Sie machen sich vor allem Sorgen um die Zukunft ihrer Generation und wollen von den Kandidaten konkrete Vorschläge zur Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern Europas hören.
„Wir müssen damit Schluss machen, mit dem Missbrauch von Praktikumsprogrammen. Ich höre immer wieder, dass qualifizierte junge Leute von verantwortungslosen Arbeitgebern für sechs Monate im Praktikum ausgebeutet werden, um dann von einem neuen Praktikanten ersetzt zu werden,“ antwortet Martin Schulz entschlossen. Er möchte ein Programm einführen, das kleinen und mittelständischen Unternehmen zu günstigen Bedingungen Kredite gewährt, wenn sie Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen.
Guy Verhofstadt dagegen will vor allem, dass neue Schulden verhindert werden. Er fordert mehr Europa als Motor für Wachstum. Ska Keller betont: „Auch schlechte Bildungssysteme sind eine Art Schulden an jüngeren Generationen.“ Sie sieht vor allem im Sektor der erneuerbaren Energien Potential für neue Arbeitsplätze.
Was tun gegen europaskeptische Bewegungen?
Eine weitere Sorge des Publikums gilt dem wachsenden Zuspruch von populistischen, europaskeptischen Parteien in vielen Mitgliedsstaaten. Schulz betont, diesen Parteien müsse man vor allem klare Worte entgegensetzten: „Was ich den Leuten zeigen will, ist dass die für alles Sündenböcke haben, aber keine Lösungen.“
Juncker betont, dass man unterscheiden müsse, zwischen denjenigen, die die EU – teilweise zurecht – kritisierten und denjenigen, die sie abschaffen wollten. Mit letzteren wolle er nicht zusammenarbeiten. Verhoftstadt kontert, Juncker selbst glaube er dies zwar, bemängelt aber zugleich, dass die Europäische Volkspartei auch Mitglieder habe, die man in das europaskeptische Lager einordnen könne. Er nennt Italiens Ex-Ministerpräsidenten Berlusconi, der am liebsten den Euro abschaffen wolle und Ungarns Ministerpräsidenten Orbán, der alle fünf Minuten die Verfassung ändere. „Ich verurteile Aussagen wie die von Berlusconi klar“, verteidigt Junker sich.
Der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten Schulz findet die Tendenz vieler Bürger zu glauben, ihre Stimme habe keinen Einfluss, problematisch. Gerade im Kampf gegen Populisten sei es wichtig, sie vom Gegenteil zu überzeugen.„Deswegen fordere ich alle Demokraten auf zu wählen, was immer sie wählen. Das wichtigste ist, dass sie demokratische Parteien wählen, gegen diese Bewegungen“, sagt er entschlossen.
Als die Debatte nach neunzig Minute endet, sind die Debattenthemen für viele Maastrichter Studenten aus dem Publikum noch lange nicht abgeschlossen. Viele von ihnen diskutieren in Anschlussveranstaltungen weiter über die Kandidaten und ihre Aussagen. Ob es dieser Debatte gelungen ist, den Wahlkampf auf eine europäische Bühne heben? In Maastricht sieht es jedenfalls ganz so aus.
(Zitate aus dem Englischen übersetzt)