Die Armutskonferenz, ein Zusammenschluss aus Wohlfahrtsverbänden und dem Gewerkschaftsbund, macht für die dramatische Situation besonders die Hartz-IV-Reformen verantwortlich. Diese hätten
die Situation von Kindern aus einkommensschwachen Familien drastisch verschlechtert. Etwa 2,2 bis 3 Millionen Kinder leben demnach in Familien mit einem Einkommen in Höhe des Existenzminimums. Vor
2004 seien es lediglich 1,2 Millionen gewesen.
Als Notmaßnahme forderten die Konferenzteilnehmer eine Erhöhung der Regelsätze für Kinder. Der Bund beziffert das Existenzminimum von Kindern aller Altersgruppen auf 304 Euro monatlich. Zehn
bis 20 Prozent mehr wären nach Aussage der NAK realistischer.
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) wies zudem auf den engen Zusammenhang zwischen Armut und Krankheitshäufigkeit bei Kindern und Jugendlichen hin. Die Mitglieder sehen vor
allem bei der Vorsorge erhebliche Defizite. Falsche Ernährung, Bewegungsmangel sowie Alkohol- und Nikotinmissbrauch seien in dieser Gruppe weit verbreitet.
Beispiel Berlin
Ein unrühmliches Beispiel Not der Kinder ist Berlin. Im Frühjahr wurde in der Hauptstadt das Netzwerk Kinderschutz eingerichtet. Seither ist die Zahl der Hinweise auf vernachlässigte Kinder
rasant gestiegen. Im Bezirk Treptow-Köpenick hat die Zahl der Kinder, die zumindest zeitweise aus ihren Familien geholten werden mussten, um rund zehn Prozent zugenommen. In den Jugendämtern werden
unterdessen die Mitarbeiter knapp. "Meine Mitarbeiter sind am Ende", klagt Angelika Schöttler (SPD), Stadträtin im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Vielerorts werde nur noch "akuter Kinderschutz"
betrieben.
Ursache dafür ist aus Sicht des Treptow-Köpenicker Jugendstadtrats Dirk Retzlaff (SPD) die Sparpolitik des Berliner Senats. Sozialarbeiterstellen dürfen wegen eines Verbots der
Finanzverwaltung nicht von außen besetzt werden. Wegen des verordneten Einstellungsstopps ist das Durchschnittsalter der Mitarbeiter ist besorgniserregend hoch.
Förderung durch ÖPP
Wie wichtig gute Betreuung der Jüngsten ist, belegt unterdessen eine Sinus-Studie des Bundesfamilienministeriums. Das Ergebnis: Je höher der Bildungsstand von Einwanderern ist, desto leichter
gelingt ihre Eingliederung in die Gesellschaft. Wirtschaft und Politik wollen deshalb ihre Zusammenarbeit verstärken, um Kindern von Zuwanderern bessere Bildungschancen zu verschaffen. Dies
versprachen sie auf einem Symposium mit wichtigen Stiftungen gestern in Berlin. Stiftungsvertreter vereinbarten, mit öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) Bildungshilfen für Migrantenkinder zun
fördern.
Quellen: FR, Berliner Zeitung (16./17.10.), Handelsblatt, www.nationale-armutskonferenz.de
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