Inland

Keine schnelle Kita-Öffnung in Sicht: Wie „Coronaeltern“ entlastet werden können

Während Schulen schrittweise ab Anfang Mai wieder öffnen sollen, bleiben Kitas bis auf weiteres geschlossen. Für die Eltern bedeutet das weiter eine Doppelbelastung mit Homeoffice und Kinderbetreuung. Familienministerin Franziska Giffey verspricht Abhilfe.
von Kai Doering · 20. April 2020
Zwischen Laptop und Lesebuch: Die Kita-Schließungen in der Corona-Krise werden für viele Eltern zur Doppelbelastung.
Zwischen Laptop und Lesebuch: Die Kita-Schließungen in der Corona-Krise werden für viele Eltern zur Doppelbelastung.

Sie nennen sich selbst „Coronaeltern“. Auf Twitter berichten Eltern – bzw. zum großen Teil Mütter – über den Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung in Zeiten der Kontaktsperre. „#Coronaeltern sein heißt, keine verdammte Pause zu haben. Mit unausgelasteten, einsamen (kleinen) Kindern aufeinander zu hocken, die Input, Interaktion, Aufmerksamkeit, Liebe, Spiel fordern und das ständige ‚gleich‘, ‚warte kurz‘ und ‚ich muss jetzt arbeiten‘ nicht verstehen“, schreibt eine Mutter. „Es gibt Tage, da will ich nicht aufstehen, weil ich das Gefühl habe, keinen weiteren Tag im Homeoffice mit 3 Kitakindern durchzustehen. Natürlich tue ich es doch und zerreiße mich von 6:30 bis 23:30. Dann geht's ins Bett und am nächsten Morgen beginnt alles von vorn“, twittert eine andere.

Giffey: Kitaschließungen bis August keine Lösung

Seit vor fünf Wochen die Kitas geschlossen wurden und es lediglich eine Notbetreuung für Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen gibt, hat sich die Situation in vielen Haushalten zugespitzt. Und eine deutliche Entspannung ist nicht in Sicht. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel in der vergangenen Woche leichte Lockerungen der Corona-Beschränkungen in Aussicht stellte, war von den Kitas nicht die Rede. Immerhin: Die Notbetreuung soll ausgebaut werden und künftig auch für Kinder gelten, von denen nur ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf arbeitet.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey reicht das nicht aus. „Für uns ist es nicht die abschließende Lösung zu sagen, bis zum Kitajahresende im August bleiben die Kitas einfach zu“, sagte Giffey am Montag bei einer Pressekonferenz nach dem Auftakttreffen der „AG Kita“. Dieser besteht aus Vertreter*innen aus Ländern, dem Bund sowie Expert*innen und soll bereits bis Ende der Woche Leitlinien erarbeiten, wie eine schrittweise Öffnung der Kitas aussehen könnte.

Eltern, Kinder und Erzieher*innen im Blick

Die Gruppe werde ein „gut aus- und abgewogenes Konzept erarbeiten“, das sowohl Hygienestandards im Blick habe als auch das pädagogische Konzept. Dabei gehe es um drei Perspektiven: die der Eltern, „die zunehmend an Grenzen stoßen, wenn sie Familie und Homeoffice miteinander vereinbaren müssen“, die der Kinder, „die darunter leiden, dass sie nicht in Kindergarten gehen können“, und die der Erzieher*innen und ihre Anforderungen an den „Gesundheits- und Arbeitsschutz“. „Es geht um gut abgewogene Schritte, ohne die Erfolge im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus zunichtezumachen“, betonte Giffey.

Immer lauter wird unterdessen der Ruf nach einem finanziellen Ausgleich für Eltern, die ihre Kinder während der Corona-Zeit zuhause betreuen und deshalb beruflich kürzertreten müssen. „Wenn Kitas weiterhin aus Infektionsschutzgründen für die Mehrheit geschlossen bleiben, ist eine Entgeltersatzleistung erforderlich“, fordert etwa der Deutsche Frauenrat. „Politiker*innen scheinen davon auszugehen, dass Familien die Betreuung von Kita- und Schulkindern weiterhin auf eigene Kosten stemmen. Das wird dazu führen, dass vor allem erwerbstätige Mütter mit kleinen Kindern von den Lockerungen kaum profitieren“, kritisiert die Vorsitzende Mona Küppers.

DIW: Corona-Elterngeld könnte Entlastung bringen

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat deshalb ein „Corona-Elterngeld“ ins Spiel gebracht. „Es muss anerkannt werden, dass nicht alle erwerbstätigen Alleinerziehenden und Familien mit zwei beschäftigten Elternteilen über Monate ihre Erwerbstätigkeit in gewohntem Umfang aufrechterhalten können, wenn sie ‚nebenbei‘ Kinder betreuen und Home-Schooling organisieren müssen“, schreiben zwölf Wirtschaftswissenschaftler*innen des DIW. Sei gesundheitspolitisch keine Öffnung der Kitas absehbar, sollten erwerbstätige Eltern nicht nur von ihren Arbeitgebern, sondern auch von staatlicher Seite unterstützt werden.

Bei einem Corona-Elterngeld könnten nach Meinung der Forscher*innen Alleinerziehende sowie Familien, in denen beide Eltern gemeinsam mehr als 40 Stunden arbeiten, „jeweils eine Reduzierung der individuellen Arbeitszeit zur Kinderbetreuung beim Arbeitgeber beantragen und dafür einen staatlichen Einkommensersatz erhalten“. Parallel dazu sollten Konzepte erarbeitet werden, wie eine Teil-Öffnung der Kitas „bei maximaler Infektionsvorbeugung“ ermöglicht werden kann.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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