Inland

Katja Pähle zu Intel in Magdeburg: „Man braucht eine klare Zielvision“

Intel wird bei Magdeburg zwei Chipfabriken bauen – 10.000 Arbeitsplätze können so entstehen. Wie die SPD dazu beigetragen hat, die Milliarden-Investition nach Sachsen-Anhalt zu holen, erklärt die Fraktionschefin im Landtag Katja Pähle im Interview.
von Vera Rosigkeit · 23. März 2022

Das Unternehmen Intel will Chipfabriken in Magdeburg bauen. Die Ansiedlung dieser Giga-Fabrik hat auch innerhalb der SPD in Sachsen-Anhalt für große Begeisterung gesorgt. Was ist das Besondere?    

Intel plant aktuell den Bau von zwei Chipfabriken mit einem Investitionsvolumen von 17 Milliarden Euro. Das ist die größte Einzelinvestition, die wir in Sachsen-Anhalt je verbuchen konnten. Eine solche Investition ist ein Zukunftsversprechen. Wir reden hier über Arbeitsplätze, die gut bezahlt werden, und über ein Unternehmen, das weitere Firmenansiedlungen nach sich ziehen und sich in der Region vernetzen wird. Das ist eine andere Kategorie als die Ansiedlung von Amazon und anderen Logistikzentren, die wir so häufig erlebt haben. Das bedeutet aber auch, dass Sachsen-Anhalt mit einer guten Anbindung und guten Fachleuten in der Region attraktiv ist und dass wir in den letzten Jahren alles richtig gemacht haben, um hier Zukunftstechnologie anzusiedeln.

Wie hat die SPD in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, diese Entwicklung zu ermöglichen?

In den letzten fünf Jahren vor der Landtagswahl in 2021 hat die SPD mit der Kombination aus Wissenschaft und Wirtschaft ein strategisch stark aufgestelltes Ressort innegehabt. Wir haben fünf Jahre lang alles daran gesetzt, die in dieser  Kombination angelegten Zukunftspotentiale zu nutzen. In dieser Zeit haben wir gemeinsam mit unserem Minister Armin Willingmann sehr viel dafür getan, in Zukunftsbranchen zu investieren. Magdeburg hat eine tolle Universität mit langer Ingenieurtradition und ringsum auch noch Fachhochschulen, die gute Angebote für Studierende anbieten. Gleichzeitig haben wir uns davon verabschiedet, Sachsen-Anhalt sozusagen zu einer verlängerten Werkbank für Betriebe aus dem Westen zu machen. All das hat sich jetzt ausgezahlt. Und deshalb sind wir als SPD aktuell auch von der Ansiedlung sehr begeistert.

Wäre das zukunftsweisend auch für andere Bundesländer?

Ich hoffe es. Die Sozialdemokratie steht dafür, nicht nur an das Jetzt zu denken, sondern auch an das, was morgen und übermorgen passiert. Die Ansiedlung von Intel hat zudem noch einen anderen sehr positiven Effekt: Wir haben in den vergangenen zwei Jahren der Corona-Pandemie erlebt, wie internationale Wirtschaftsbeziehungen ins Stocken geraten können. Mit dieser Ansiedlung wird nicht nur Sachsen-Anhalt und die Bundesrepublik, sondern Europa insgesamt stabiler aufgestellt und industriell gestärkt. Wenn die Chipfabrik richtig in der Produktion angekommen ist, kommen die Chips aus der Mitte Europas. In der aktuellen Situation ist auch dieser Punkt sehr wichtig.

Ist es ein Wermutstropfen, dass die Union jetzt die Lorbeeren erntet?

Natürlich wäre es attraktiv, in der jetzigen Situation immer noch das Wirtschaftsministerium innezuhaben. Nicht zuletzt die gute Arbeit von Armin Willingmann hat in den Koalitionsverhandlungen aber dazu geführt, dass die Union unbedingt dieses Ressort haben wollte. Dafür führt er jetzt das Ministerium für Wissenschaft, Energie und Klimaschutz – und damit DAS Schlüsselressort für die wirtschaftlichen Grundlagen in der Zukunft. Der aktuelle CDU-Wirtschaftsminister wird jetzt aber erstmal zeigen müssen, dass er die erfolgreiche Arbeit fortsetzen kann. Das ist kein Selbstläufer. Man braucht eine klare Zielvision, wie man Sachsen-Anhalt wirtschaftlich aufbauen will und was man hier ansiedeln möchte. Man muss dementsprechend die richtigen Weichen stellen. Es wird sich in den nächsten Jahren erst zeigen, ob der jetzige Wirtschaftsminister in der Lage ist, weitere Zukunftsinvestitionen nach Sachsen-Anhalt zu holen. Daran werden wir ihn messen.

Wenn es, wie Sie sagen, kein Selbstläufer ist, worauf muss Politik in der aktuellen Situation achten, damit die Hoffnungen erfüllt werden, die mit der Ansiedlung verknüpft sind?

Mit der Ansiedlung sind verschiedene Herausforderungen verbunden. Das betrifft sowohl die Stadt Magdeburg als auch das Land. Das Gebiet, auf dem die Fabrik gebaut werden soll, liegt ein kleines Stückchen außerhalb von Magdeburg. Wir brauchen also eine gute Anbindung an die vorhandene Verkehrsinfrastruktur, da muss das Land unterstützen. Und die Stadt Magdeburg wiederum muss jetzt ganz viele Aufgaben meistern, wie die Schaffung von Wohnraum. 10.000 Beschäftigte werden hier arbeiten. Die brauchen Wohnraum für sich und ihre Familien. Ein herausfordernder Prozess.

Welche sozialen und ökologischen Anforderungen an das Unternehmen müssen für die SPD erfüllt sein?

Wir setzen auf positive soziale Effekte – allein schon deshalb, weil das Lohnniveau in der Region steigen wird und andere Unternehmen dafür sorgen müssen, dass sie im Wettbewerb um Fachkräfte mithalten. Für uns ist zudem klar, dass sich auch dieses Unternehmen an soziale Regularien von Betriebsratsarbeit bis hin zu Tariftreueregelungen halten muss. Wir werden darauf achten, dass es keine Aushöhlungen von Gesetzen gibt. Das betrifft auch den Klima- und Umweltschutz. In einem Gespräch, dass wir mit Vertreter*innen von Intel geführt haben, war mein Eindruck, dass sie in dieser Hinsicht keine Sonderregelungen beanspruchen. Da bin ich zuversichtlich, dass wir mit Intel und dem, was noch kommt, eine gute industrielle Zukunft für Sachsen-Anhalt hinbekommen.

Autor*in
Avatar
Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare