Kapitän Schwandt offline: Scheitert Facebook an sich selbst?
Herr Kruecken, nachdem die Facebook-Seite von Kapitän Schwandt binnen kurzer Zeit mehr als 160.000 Fans gewonnen hat, wurde sie nun eingestellt. Warum?
Die Abschaltung hat zwei Gründe: Zum einen ist klar, dass sich der Gesundheitszustand von Kapitän Schwandt in absehbarer Zeit nicht deutlich verbessern wird. Er wird die Seite dadurch nicht mehr selber betreuen können. Zum anderen ist es in den Diskussionen immer wieder zu Eskalationen gekommen, in denen wir als Admins und Vertreter des Kapitäns angreifbar wurden.
Eskalationen, die es so vorher nicht gab?
Es ist richtig, dass gerade in den letzten Monaten die Aggressivität zugenommen hat. Woran das liegt, kann ich nicht sagen. Für uns wurde klar: So macht das keinen Sinn mehr. Wir haben die Leute gebeten, auf die Seite von Kapitän Schmidt oder des Ankerherz Verlags umzuziehen.
Haben Sie den Eindruck, die Seite wurde Opfer einer gezielten Strategie?
Es ist definitiv so, dass es gelegentlich Gruppen gibt, die gezielt auf eine Seite gehen und sich an einem bestimmten Post abarbeiten. Die gehen dabei sehr aggressiv vor, lassen andere Meinungen überhaupt nicht mehr zu und diskutieren sehr unsachlich.
Welche Rolle spielen Social Bots?
Teilweise haben wir das Gefühl, ins Visier von Social Bots zu geraten. Wenn Kommentare in kaum verständlichem Deutsch formuliert werden oder sich extrem ähneln. Wir hatten einzelne Fälle haarsträubender Fake News, auf die sich dann alle stürzten. Diskussionen werden durch diese Social Bots oder Pöblergruppen absolut unmöglich. Es macht dann überhaupt keinen Sinn mehr, sich auszutauschen.
Was raten Sie anderen Administratoren von Facebook-Seiten?
Ich würde mir wünschen, dass es grundsätzlich stringenter zugeht, die Leute ihre Linie klar definieren und diese dann auch durchsetzen. Wir lassen uns im normalen Leben ja auch nicht hauen, bespucken oder beleidigen. Warum soll ich das auf meiner Facebook-Seite zulassen? Lieber habe ich 80.000 Follower, mit denen ich vernünftig diskutieren kann als 180.000, mit denen überhaupt keine Debatte möglich ist.
Was halten Sie von Outing-Aktionen wie der von Christopher Lauer, die zuletzt für Schlagzeilen sorgte?
Ich bin da etwas zwiegespalten: Einerseits denke ich, man muss vorsichtig sein. Schließlich haben wir eine Verantwortung und die Dinge können schnell außer Kontrolle geraten. Ich kann den Kollegen aber auch verstehen. Man ist ja in einer hilflosen Situation und einer Gesetzeslücke, soweit wir nicht genau wissen, wem die Beleidigung, Bedrohung oder was auch immer tatsächlich zuzuordnen ist.
Können Anzeigen helfen?
In Einzelfällen muss man Leute daran erinnern, dass wir nicht in einem rechtsfreien Raum leben. Das Internet und Facebook sind nicht der fröhliche Pöbelkindergarten. Irgendwann muss auch mal Schluss sein. Gleichzeitig werden viele Verfahren eingestellt, weil Leute behaupten, ihr Account sei gehackt worden. Das ist ein Riesenproblem.
Inwiefern sehen Sie auch das Unternehmen Facebook in der Pflicht?
Wie oft haben wir von Facebook die Mitteilung bekommen, von uns gemeldete Inhalte verstoßen nicht gegen die Gemeinschaftsstandards. Es wurde zwar viel angekündigt, Facebook wird aber zu wenig in die Pflicht genommen. Es kann doch nicht sein, dass in diesem sehr lukrativen Geschäftsmodell keine Wächterfunktion vorgesehen ist. Wenn da nichts passiert, wird die Plattform Facebook daran kaputtgehen.