Inland

Kabinett einigt sich auf Verbot von Kinderehen in Deutschland

Kinderehen sind in Deutschland künftig tabu, auch wenn sie im Ausland geschlossen wurden. Ein Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas wurde am Mittwoch im Kabinett beschlossen.
von Robert Kiesel · 5. April 2017
Bundesjustizminister Heiko Maas: Dem Hass im Internet soll jetzt per Gesetz ein Riegel vorgeschoben werden.
Bundesjustizminister Heiko Maas: Dem Hass im Internet soll jetzt per Gesetz ein Riegel vorgeschoben werden.

Eheschließungen mit Beteiligung von Minderjährigen sollen in Deutschland künftig verboten sein. Darauf einigten sich die Mitglieder des Bundeskabinetts in ihrer Sitzung am Mittwoch in Berlin. Dem von Justizminister Heiko Maas vorgelegten Gesetzentwurf zufolge sind Ehen mit Beteiligung von Jugendlichen unter 16 Jahren grundsätzlich nichtig. Ist eine der verheirateten Personen zwischen 16 und 18 Jahren alt, wird die Ehe nach einer Anhörung der beteiligten Personen von einem Familiengericht aufgehoben. Ausnahmen sind nur in Härtefällen oder dann vorgesehen, wenn der oder die Minderjährige zwischenzeitlich 18 Jahre alt geworden ist und die Ehe bestätigt.

Heiko Maas: „Kinder in die Schule, nicht an den Traualtar“

Das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen hatte zuletzt für Diskussionsstoff zwischen den Regierungspartnern von CDU/CSU und SPD gesorgt. Laut Ausländerzentralregister waren im Juli 2016 etwa 1500 in Deutschland lebende Minderjährige als verheiratet registriert. Künftig dürfen in Deutschland nur Ehen zwischen Personen geschlossen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Maas selbst hatte den Gesetzentwurf im „ARD-Morgenmagazin“ bereits vor der Abstimmung im Bundeskabinett mit den Worten „Kinder gehören nicht vor den Traualtar, sie gehören in die Schule“ kommentiert.

Im Anschluss der Abstimmung erklärte er: „Kinder heiraten nicht, Kinder werden verheiratet.“ Eine Verschärfung der derzeitigen Rechtslage sei vor allem deshalb geboten, „weil es immer mehr im Ausland geschlossene Ehen in Deutschland gibt.“ Maas machte deutlich, dass die Auflösung des Ehebandes das Wohl der betroffenen Minderjährigen in den Mittelpunkt stellen muss. Sie würden nach ihrer Einreise nach Deutschland und der Aufhebung der im Ausland geschlossenen Ehe in die Obhut des Jugendamtes übergeben.

Begrüßt wurde die Verabschiedung des Gesetzentwurfs unter anderem von Christine Lambrecht, der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. „Kinder und Jugendliche gehören in Schule und Ausbildung, aber nicht in die Ehe. Dies stellt der Gesetzentwurf von Heiko Maas klar, der heute im Bundeskabinett beschlossen wurde“, teilte Lambrecht mit. Gerade im Ausland verheiratete Minderjährige seien besonders schutzbedürftig. Ihnen dürften durch die Auflösung der Ehe keinerlei Nachteile entstehen. „Wir werden ihn zügig im parlamentarischen Verfahren beraten und wollen ihn noch vor der Sommerpause zum Abschluss bringen“, so Lambrecht mit Blick auf den Gesetzentwurf von Maas.

Shitstorm gegen Aydan Özoguz

Während es um den von Justizminister Heiko Maas bereits im Oktober 2016 vorgelegten Gesetzentwurf über Monate hinweg ruhig geworden war, hatten Äußerungen der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), für Aufregung gesorgt. Sie hatte wiederholt vor einem generellen Verbot von Kinderehen gewarnt und erklärt: „Ein pauschales Verbot von Ehen von Minderjährigen ist zwar vielleicht gut gemeint, kann aber im Einzelfall junge Frauen ins soziale Abseits drängen.“ Würden ihre Ehen aberkannt, drohe der Verlust von Unterhalts- und Erbansprüche. Die dann unehelichen Kinder würden dann eine Rückkehr in ihre Heimatländer unmöglich machen.

Insbesondere in den sozialen Netzwerken sah sich Özoguz daraufhin mit einer Welle der Ablehnung und des Hasses konfrontiert. Konservative wie rechtspopulistische Kreise verdrehten ihr Plädoyer gegen ein generelles Verbot von Kinderehen in den Einsatz für Eheschließungen zwischen Minderjährigen und warfen der Staatsministerin vor, „Kinderschändern einen Freifahrtsschein“ ausstellen zu wollen. Die AfD in Nordrhein-Westfalen ging so weit, Özoguz nach Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft in die Türkei abschieben zu wollen.

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Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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