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Jusos-Kritik an G20: „Show“, die keine Probleme löst

Am Freitag beginnt in Hamburg das Treffen der G20-Staats- und Regierungschefs. Die Berliner Juso-Chefin Annika Klose kritisiert den Gipfel scharf und lässt dabei auch die eigene Partei nicht außen vor.
von Robert Kiesel · 6. Juli 2017
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Frau Klose, am G20-Gipfel scheiden sich die Geister: Show sagen die einen, wichtiges Treffen der Regierungschefs die anderen. Wie stehen die Jusos zum Treffen in Hamburg?

Wir gehören zur dritten Fraktion und sagen, dass der G20-Gipfel überhaupt keine demokratische Legitimation hat. Wir glauben nicht daran, dass die G20 dazu geeignet ist, die Probleme der Mehrheit der Menschen auf der Welt zu lösen.

Wie lautet die Hauptkritik der Jusos an dem Treffen?

Die G20 steht dafür, dass sich die 20 größten Wirtschaftsnationen der Welt zusammensetzen und darüber beraten, wie die wirtschaftliche Entwicklung weitergehen kann. Das Problem ist: Die G20 wollen die Globalisierung in ihrem Sinne weiter vorantreiben. Diejenigen, die heute bereits benachteiligt sind, werden bei der G20 nicht berücksichtigt. G20 manifestiert kapitalistische Strukturen und soziale Ungleichheit. Sie ist nicht dazu geeignet, Probleme globaler Art zu lösen.

Gibt es dennoch konkrete Forderungen der Jusos an die Teilnehmer des G20-Treffens?

Wir erwarten von der deutschen Bundesregierung, dass sie das Thema Klimawandel ganz nach oben setzt und sich außerdem für Lösungen stark macht, die das Sterben im Mittelmeer endlich beenden können. Umwelt- und Klimaschutz, der Schutz von Menschenrechten, sowie eine gemeinsame Flüchtlingspolitik sollten ganz oben auf der Agenda stehen.

Wie optimistisch sind Sie, dass der G20-Gipfel echte Ergebnisse produziert?

Ich glaube nicht, dass das passieren wird. Wenn man wirklich das Interesse hätte, Problemlösungen zu finden, müsste man sich dafür deutlich mehr Zeit einräumen. So ist es eine große Showveranstaltung, die sehr viel Geld kostet, eine sehr überladene Tagesordnung hat und überhaupt keine Zeit bietet, um wirklich in die Debatte einzusteigen.

Bietet der G20-Gipfel nicht auch die Möglichkeit, das Thema Globalisierung prominent zu diskutieren?

Absolut. Die Proteste rund um den Gipfel richten sich meiner Ansicht nach weniger gegen das Treffen an sich, sondern gegen das dahinterstehende System. Dass anlässlich dessen ein breites gesellschaftliches Bündnis in Austausch kommt und eine gemeinsame Kritik formuliert, ist aus unserer Sicht für die gesellschaftliche Linke in Deutschland und Europa ein Fortschritt. Ich nehme das als sehr politisierend wahr.

Ist Ihnen die SPD im Rahmen dieser Proteste präsent genug?

Ich bin enttäuscht darüber, dass sich die SPD meiner Wahrnehmung nach sehr wenig einbringt. Einzelne Gliederungen und Mitglieder sind sehr aktiv, eine breit angelegte Diskussion oder Mobilisierung habe ich aber überhaupt nicht wahrgenommen. Das finde ich schade, weil viele ehemalige und künftige Bündnispartner der SPD hier engagiert sind. Die SPD fehlt da. Ich glaube es würde unserer Partei gut tun, wieder einen kritischen Diskurs über Kapitalismus und Globalisierung zu führen.

Vor dem Gipfel wurde viel über die „Festung Hamburg“ geschrieben. Schreckt das Szenario davon ab, sich an den Aktionen zu beteiligen?

Wir halten es für unverhältnismäßig, was gerade in Hamburg passiert. Ein Sperrbezirk von 38 Quadratkilometern rund um das Gipfelgelände ermöglicht keinen Protest in Hör- und Sichtweite des Demonstrationsobjektes, was Teil der Meinungsfreiheit sein sollte. Das Versprechen der Landesregierung, G20 zu einem Fest der Demokratie zu machen, muss auch für Menschen gelten, die eine andere Meinung vertreten. Das gehört zu einem Fest der Demokratie dazu.

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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