Alarmierende Zahlen: 150.000 Ausbildungen wurden im Jahr 2011 abgebrochen, damit hat beinahe jeder vierte Azubi vorzeitig das Handtuch geworfen. Diese Zahl ermittelte das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) für den neuen Bildungsbericht der Bundesregierung.
Matthias Anbuhl, Bildungsexperte des DGB sieht im vorwärts-Interview auch bei den Unternehmen Handlungsbedarf.
Leiter der Abteilung Bildungspolitik und Bildungsarbeit beim DGB-Bundesvorstand
Interview: Yvonne Holl
Beinahe jede vierte Ausbildung wurde 2011 abgebrochen, diese alarmierende Zahl hat das BIBB jetzt ermittelt. Läuft da etwas schief in unserem Ausbildungssystem?
Anbuhl: Die hohe Zahl der Abbildungsabbrüche ist in der Tat ein Problem. Auffällig ist, dass die Quote der Abbrüche sich schon seit Jahren erheblich zwischen den einzelnen Branchen unterscheidet. Mehr noch: Alle Ausbildungsberufe mit einem hohen Anteil an unbesetzten Ausbildungsplätzen haben seit Jahren konstant die höchsten Abbrecherzahlen. So beendet fast jeder zweite Kellner oder Koch seine Ausbildung vorzeitig, bei den Fleischern, Bäckern oder Gebäudereinigern ist es fast jeder dritte Azubi. Diese Zahlen zeigen: Wir haben es hier mit Problembranchen zu tun, ihre Ausbildungsqualität lässt zu wünschen übrig. Es stellt sich die Frage: Wie ausbildungsreif sind eigentlich die Unternehmen?
Wie können diese „Problembranchen“ fit gemacht werden?
Anbuhl: Viele Befragungen zeigen: Dort, wo es aktive Betriebsräte und Jugend- und Auszubildendenvertretungen gib, ist die Qualität der Ausbildung höher. Die Betriebe müssen auch die Ausbilderinnen und Ausbilder mehr weiterbilden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen brauchen aber auch Unterstützung. Ausbildungsbegleitende Hilfen müssen zum Standard werden. Jedem Jugendlichen muss eine fachliche und sozialpädagogische Begleitung zur Verfügung stehen, wenn er sie braucht. Bisher werden die Hilfen erst dann eingesetzt, wenn die schlechten Noten schon in den Berufsschulzeugnissen stehen. Dann ist es oft zu spät.
Was bedeutet es für Firmen, insbesondere kleinere Unternehmen, wenn ihr Azubi vor dem Abschluss aussteigt?
Anbuhl: Für die Betriebe ist das ein großes Problem. Sie haben bereits in die Ausbildung der jungen Menschen investiert und stehen plötzlich mit leeren Händen da. Oftmals steigen solche Betriebe dann komplett aus der Ausbildung aus. Dabei können viele Abbrüche vermieden werden, wenn man Betriebe und Azubis frühzeitig unterstützt.
Die Zahl der Abbrüche steigt mit der Konjunktur: Schüler fangen eine Ausbildung an und wechseln dann zu einer anderen.
Was können Firmen tun, um Anfänger zu halten?
Anbuhl: Betriebe müssen für die Jugendlichen attraktiv sein. Gerade die Branchen mit hohen Abbrecherquoten, einer niedrigen Ausbildungsvergütung und schlechten Ausbildungsbedingungen haben die größten Nachwuchsprobleme. Deshalb gilt: Die Betriebe müssen die jungen Menschen anständig bezahlen und gut ausbilden. Wichtig ist auch eine Perspektive auf die Übernahme nach erfolgreicher Ausbildung.
Matthias Anbuhl leitet die Abteilung Bildungspolitik und Bildungsarbeit beim DGB-Bundesvorstand