Inland

Jamaika-Koalition: IG Metall warnt vor „Regierung der Arbeitgeber“

Noch laufen die Vorgespräche, allerdings dürfte sich ein Jamaika-Bündnis vermutlich eher für die Interessen der Arbeitgeber stark machen. So fordert CDU-Politiker Jens Spahn bereits eine Abschaffung der Rente ab 63 - für die IG Metall ist das eine „sozialpolitische Provokation“.
von Fabian Schweyher · 6. November 2017
Merkel Özdemir
Merkel Özdemir

CDU, CSU, FDP und Grünen liebäugeln mit einer Jamaika-Koalition, doch schon die Sondierungespräche verlaufen holprig. Zu festgefahren sind offenbar die politischen Ansichten, eine Einigung ist noch nicht in Sicht.

Mindestlohn im Visier

Eines dürfte aber klar sein: Sollte die Koalition zustande kommen, werden die Interessen der Arbeitnehmer wahrscheinlich einen schlechten Stand haben. So setzen sich beispielsweise CDU, CSU und FDP dafür ein, die Regelungen zu Mindestlohn und Arbeitszeiten aufzuweichen – auch wenn sich die Grünen dagegen sperren. Dazu passt die Forderung von CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn, die Rente mit 63 abzuschaffen, die erst 2014 eingeführt wurde.

Eine „sozialpolitische Provokation“ nennt dies der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann in einer Pressemitteilung. Mit der Rente ab 63 können Arbeitnehmer, die 45 Jahre gearbeitet haben, abschlagsfrei vor dem Rentenalter in den Ruhestand gehen. Für Hofmann schließt das Gesetz eine „Gerechtigkeitslücke“ für die Menschen, die jahrzehntelang Rentenbeiträge gezahlt hätten. „Früher Berufsstart, viele Jahre harte Arbeit, nicht selten im Schichtbetrieb, senken die Lebenserwartung und verringern die Zeit des Rentenbezugs."

Zwei Wochen Sondierungsgespräche

Die Forderung aus den Reihen der CDU, die Rente mit 63 abzuschaffen, ärgert Jörg Hofmann auch deshalb, weil sie bereits vor den eigentlichen Koalitionsverhandlungen erhoben werde. Der IG-Metall-Chef warnt: „Eine Jamaika-Koalition darf keine Regierung der Arbeitgeber sein.“

Derweil gehen die Sondierungsgespräche weiter. Bundeskanzlerin Angela Merkel, von der in den vergangen zwei Wochen auffallend wenig zu hören war, äußerte sich optimistisch hinsichtlich einer möglichen Regierungsbildung.

„Austausch von Plattitüden“

Einen ganz anderen Eindruck hat SPD-Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles: „Die Jamaikaner schippern ohne Kompass auf der See, kreuzen dieses und jenes Thema, aber wissen nicht, wo sie Anker werfen wollen", sagt sie der Passauer Neuen Presse. „Wir stehen vor großen Herausforderungen, doch die Grundsatzfragen sind sechs Wochen nach der Wahl alle noch offen.“

SPD-Chef Martin Schulz stellt den Möchtegern-Koalitionären ein schlechtes Zeugnis aus. „Die bisherigen Schwampel-Sondierungen gehen komplett an der Lebenswirklichkeit der Menschen in Deutschland vorbei“, kritisiert er gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.  Es würden ausschließlich Plattitüden ausgetauscht. „Die Verhandlungsparteien kämpfen lediglich nur dann leidenschaftlich, wenn es um Klientel-Interessen geht.“

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