„Frankfurter Rundschau“ (FR): insolvent, „Financial Times Deutschland“ (FTD): in Auflösung, Lokalpostillen: in Bedrängnis. Selbst der Berliner Verlag schwächelt. Die Branche reagiert geschockt bis hämisch – wie das eben so ist, wenn in einer Familie Trauerfälle oder letzte Stündlein zu beklagen sind.
Ruft man der FR betroffen nach, sie sei einst eine „herrliche Bleiwüste großer und leidenschaftlicher Debatten“ gewesen (so die „Süddeutsche Zeitung“), erregt der Exitus der FTD (außer bei ihren Mitarbeitern) schon weniger Anteilnahme: Es musste ja so kommen, wenn man die Hälfte der Auflage kostenlos bei Lufthansa auslegt.
Die Hinterbliebenen blicken gefasst ins offene Grab, freuen sich heimlich auf heiße Süppchen beim Leichenschmaus – und doch springt sie ein unbehaglicher Gedanke an: Vergänglichkeit....
Was, fragt man sich in Verlagshäusern von Hamburg bis München besorgt, löst nur die „Zeitungskrise“ aus? – Ist das ansteckend, der Anfang vom Ende, eine Art Zeilengrippe? Nervöse Diagnosen sind in Umlauf: Heißt das Virus vielleicht „Internet“? Es ist schnell, pausiert nie, kann immer auf die neuesten Entwicklungen reagieren und steht aktuell schwer unter Verdacht, die gute alte Tageszeitung zu bedrohen: Behäbigkeit, dein Name ist Papier. Die Leser von heute wollen den pausenlosen (und vor allem kostenlosen) News-Blog-Twitter-Strom!
Psst, Verlagshäuser, wir verraten euch (ganz im Vertrauen): Das ist Quatsch. Euer Hauptfeind ist nicht das Internet. Auch seid ihr nicht Opfer der Finanzierung eurer (wenigen noch verbliebenen) Redaktionen, noch eurer Konkurrenz – euch fordern kluge Leser heraus. Die glauben nicht, dass sich die Weltsituation von Sekunde zu Sekunde ändert, auf Meldungsbrei (Obama: Er war beim Frisör!) sind sie nicht erpicht. Doch wenn zum Beispiel da, wo FR draufsteht, kaum mehr FR drin ist, merken sie das. Und suchen dann eben woanders nach dem, was sie wollen: Inhalt. Das ist eure Krise.