Islamismus: Was SPD-Familienministerin Barley gegen den Terror tun will
Florian Gaertner/photothek.net
Es ist ihr erster Auftritt als Bundesfamilienministerin vor der Bundespressekonferenz. Noch keine zwei Wochen ist die SPD-Politikerin Katarina Barley in ihrem neuen Amt – und schon muss sie der Hauptstadtpresse ein äußerst brisantes Thema präsentieren. Es geht um islamistisch motivierten Terrorismus, um die Gewalt religiöser Fanatiker, die immer und überall zuschlagen können.
Katarina Barley: „starke Sicherheitskräfte, starke Justiz“
Dass der Staat mit Härte gegen solche Extremisten vorgehen muss, daran gibt es für Katarina Barley keine Zweifel. Dafür brauche Deutschland „natürlich starke Sicherheitskräfte und eine starke Justiz“, sagt sie. „Es ist aber eben auch dringend erforderlich, dass wir viel in die Prävention investieren.“ Die Ministerin will so das Problem der Radikalisierung an der Wurzel packen und verhindern, dass junge Menschen überhaupt erst zu „Gefährdern“ werden.
„Jeder Euro, den Sie in Prävention investieren, ist ein gut investierter Euro“, sagt sie. Der Staat will für die Verhütung des islamistisch motivierten Terrors ab 2018 insgesamt 100 Millionen Euro ausgeben. Für die SPD ist das ein Erfolg. Seit langer Zeit kämpfen die Sozialdemokraten im Bundeskabinett dafür, mehr Geld für die Präventionsarbeit auszugeben. Beim Koalitionspartner stieß das bislang jedoch auf taube Ohren. Die Union setzt lieber auf staatliche Repression, auf Überwachung und Polizeimaßnahmen. Der SPD geht das nicht weit genug. Für Katarina Barley müssen „Sicherheit und Prävention Hand in Hand gehen“. Sie will die Gewalt verhindern bevor sie entsteht – anstatt im Nachhinein nach den Tätern fahnden zu müssen.
Wie lässt sich die Radikalisierung stoppen?
Wie die staatlich geförderte Präventionsarbeit bisher aussieht, das hat das Bundesfamilienministerium in einem Bericht an den Bundestag zusammengefasst. „Wir sind noch nicht am Ziel“, sagt Barley. „Wir haben zwar deutlich mehr Geld für die Prävention zur Verfügung. Aber wir brauchen eine bundesgesetzliche Grundlage für Extremismusprävention und Demokratieförderung.“
Die CDU sieht das anders. Günter Krings, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, hat Zweifel, ob ein bundesweites „Demokratiefördergesetz“ das richtige Mittel gegen die Radikalisierung ist.
Trotzdem hat die Bundesregierung im Sommer 2016 auf Drängen der SPD eine „Strategie zur Extremismusprävention und Demokratieförderung“ beschlossen. Es werden Programme wie „Dialog macht Schule“ gefördert, das jungen Menschen aus sozial benachteiligten Familien Wege aus die Perspektivlosigkeit anbieten will. „Wir müssen verhindern, dass sich Kinder und Jugendliche radikalisieren in unserem Land und damit zu einer Gefahr werden für sich selbst, vor allen Dingen aber natürlich für die Bevölkerung“, betont Barley. Sie setzt dabei auf Aufklärung, Bildung und Sozialarbeit.
Absage an die Hardliner der Union
Den Schlüssel sieht Barley darin, gefährdeten Jugendlichen mehr gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. „Wir müssen den Blick weiten“, sagt sie. „Nicht nur Sicherheit, nicht nur Prävention, sondern es geht um viel mehr. Es geht um Teilhabe in einer Gesellschaft. Es geht darum, sich angenommen zu fühlen.“ Ohne den Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus lasse sich auch der Islamismus nicht besiegen. „Das bezieht sich dann auch auf Felder wie Wohnungsbau und Bildung“, sagt Barley. „Ausgrenzung zu vermeiden“ sei das Wichtigste, um den Islamisten das Wasser abzugraben. Ausschließlich auf Repression zu setzen – wie es die Union will – sei dagegen nicht die richtige Lösung.
Eine Abfuhr erteilte Katarina Barley auch den Hardlinern in der Union, die nun – wie der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) – sogar Kinder als potentielle Terroristen überwachen lassen wollen. „Kinder muss man davor schützen, in die radikalisierte Gewalt abzugleiten“, betont Barley. „Da kann man nicht zuschauen. Auch nicht um eigene Erkenntnisse zu gewinnen.“ Anstatt gefährdete Kinder vom Geheimdienst überwachen zu lassen, müsse ihnen Hilfe angeboten werden. Denn eines sei klar, sagt Barley: „dass wir nicht warten dürfen, bis aus Radikalisierungsprozessen echte Terrorgefahr entsteht.“
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.