Infektionsschutzgesetz: Wie Klingbeil die Kritik kontert
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Am Mittwoch sollen Bundestag und Bundesrat das neue Infektionsschutzgesetz beschließen. Dadurch sollen die von den Ländern verhängten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie rechtssicherer gemacht werden. Das neue Infektionsschutzgesetz enthält daher den Paragraphen 28a, in dem ein Katalog von potenziellen Maßnahmen aufgelistet wird. Es geht nicht darum, die Demokratie in Deutschland außer Kraft zu setzen, wie Corona-Verschwörungsgläubige weis machen wollen, zu denen neuerdings auch der Fußball-Weltmeister von 1990 Thomas Berthold gehört. Deswegen nach Berlin zu kommen, lohnt ohnehin nicht. Denn das Bundesinnenministerium hat am Dienstag zwölf geplante Kundgebungen vor dem Reichstag von Querdenken und Co. verboten.
„Geht's noch? Googelt mal Ermächtigungsgesetz!“
Vor der Abstimmung berichten Politiker*innen verschiedener Parteien davon, mehrere tausend E-Mails erhalten zu haben. Auf die darin geäußerte Kritik reagiert SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil auf Twitter mit deutlichen Worten. Das neue Infektionsschutzgesetz stärke das Parlament und die Rechte der gewählten Abgeordneten. Deswegen werde er dafür stimmen, machte Klingbeil deutlich. „Ich will, dass Entscheidungen in dieser schwierigen Corona-Zeit auf eine breite demokratische Grundlage gestellt werden.“
Seit Monaten befinde sich Deutschland durch die Corona-Pandemie in einer sehr schwierigen Lage. „Als Politik versuchen wir, zu entscheiden, zu führen, die Menschen gesund durch diese Zeit zu bringen, Arbeitsplätze zu sichern, Insolvenzen zu verhindern, Bildung und Betreuung zu ermöglichen. Alles das zu tun“, führt Klingbeil aus. Nicht alle getroffenen Maßnahmen seien perfekt, aber mit einem engen gesellschaftlichen Zusammenhalt gelinge es, als Gesellschaft geschlossen durch die kommenden Monate zu gehen.
Klingbeil schreibt: „Natürlich ist Kritik in Ordnung. Natürlich ist es in Ordnung, gegen unsere politischen Entscheidungen zu demonstrieren. Natürlich ist Widerspruch in einer Demokratie legitim und sogar notwendig. Das macht unser Land stark.“ Unverständnis erzeugen beim SPD-Generalsekretär hingegen E-Mails, in denen die Abstimmung über Änderungen am Infektionsschutzgesetz mit Hitlers Ermächtigungsgesetz 1933 gleichgesetzt werde: „Gehts noch? Leute, ernsthaft? Googelt mal Ermächtigungsgesetz! Das war der grausame Start für Hitler und seinen Massenmord an Juden und anderen. Das war der Beginn des dunkelsten Kapitels unseres Landes.“
Klingbeil: „Von Nazis lassen wir nicht unser Land spalten!“
Als einzige Partei stimmte die SPD am 23. März 1933 im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz. Die Rede des damaligen Fraktionsvorsitzenden Otto Wels ging in die Geschichte ein. Viele Abgeordnete seien damals daraufhin gejagt, gefoltert und ermordet worden von den Nazis, erinnert Klingbeil. „Wer das mit dem Infektionsschutzgesetz gleichsetzt und so komplett gegen unsere Geschichte argumentiert, dem geht es nicht um ernsthafte demokratische Auseinandersetzung. Dem geht es um das Kaputtmachen, um das Spalten“, schreibt er.
Der Beitrag des SPD-Generalsekretärs endet mit einem Appell gegen Spaltungsversuche von rechts: „Leute, es sind schwierige Zeiten. Und wir alle wollen dass es wieder besser wird. Aber auch in Corona-Zeiten gilt: Mit Nazis demonstriert man nicht, mit Nazis sympathisiert man nicht. Von Nazis lassen wir nicht unser Land spalten!“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo