Infektionsschutzgesetz: Wie die SPD die Corona-Maßnahmen rechtssicher macht
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„Wir müssen das so rechtssicher machen, dass uns die Maßnahmen nicht um die Ohren fliegen“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Bärbel Bas am Freitagvormittag. Der Bundestag debattierte in erster Lesung über einen Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Dagegen hatte sich die Union in der Vorwoche nicht gesträubt, worauf Bas mit einem entsprechenden Hinweis abzielte. „Ich bin sehr froh, dass sich unser Koalitionspartner dem jetzt auch angenommen hat, nachdem wir darauf gedrängt haben“, sagte sie. Doch worum geht es bei diesem Gesetzesentwurf genau und was verbirgt sich hinter dem auf den ersten Blick etwas sperrigen Begriff?
Seit wann gibt es das Infektionsschutzgesetz?
Erstmals beschlossen wurde es im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung. Eine Pandemie des aktuellen Ausmaßes war damals natürlich noch nicht absehbar. Entsprechend wurde es im Laufe dieses Jahres mehrmals geändert und an die aktuellen Gegebenheiten angepasst. Die im aktuellen Entwurf vorgesehenen Änderungen sollen insbesondere die beschlossenen Corona-Maßnahmen rechtssicherer machen, auch wenn der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Dirk Wiese am Freitag klarstellte, dass alle seit März verhängten Maßnahmen „rechtmäßig, zulässig, erforderlich und angemessen“ gewesen seien.
Was regelt das Infektionsschutzgesetz?
Der jetzige Paragraf 28 des Infektionsschutzgesetzes regelt, dass durch notwendige Schutzmaßnahmen Grundrechte - wie etwa die Freiheit der Person und die Versammlungsfreiheit - eingeschränkt werden können. Darauf wies auch Dirk Wiese in seiner Rede am Freitag noch einmal hin: „Grundrechte dürfen eingeschränkt werden. Das sieht unsere Verfassung vor.“ Allerdings hatten Richter angezweifelt, dass das Infektionsschutzgesetz in seiner aktuellen Form die weitreichenden Eingriffe in Grundrechte bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie rechtfertige. Daher werden In dem neuen Paragrafen 28a Schutzmaßnahmen aufgelistet, die Bund und Länder im Falle einer Pandemie verhängen können. So werden die besonders umstrittenen Einschränkungen für die Gastronomie genannt sowie die Erhebung von Kontaktdaten der Kunden, Gäste oder Veranstaltungsteilnehmer.
Wann soll die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes verabschiedet werden?
Der Gesetzesentwurf wurde als gemeinsamer Antrag von SPD und CDU/CSU am Freitag in erster Lesung im Bundestag beraten. Bereits in der nächsten Sitzungswoche Mitte November könnte die Neufassung final beschlossen werden.
Welche Maßnahmen sind darin künftig enthalten?
Der neu gefasste Paragraf 28a nennt beispielsweise konkret Reisebeschränkungen, Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen im privaten und öffentlichen Raum, das Abstandsgebot, die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und Verbote sowie Beschränkungen für Kultur- und Freizeiteinrichtungen oder entsprechende Veranstaltungen. Hinzu kommen Verbote und Auflagen für Sportveranstaltungen und die mögliche Schließung von Schulen und Kitas und Auflagen für die Einrichtungen. „Durch 28a werden wir engere Maßstäbe anlegen“, sagte Dirk Wiese.
Was ändert sich für Rückkehrer*innen aus Risikogebieten?
Anders als bislang sollen Menschen, die aus Risikogebieten im Ausland nach Deutschland zurückkehren, keinen Verdienstausfall erhalten, wenn sie sich dadurch in Quarantäne begeben müssen. Künftig sollen sie außerdem dazu verpflichtet werden können, angeben zu müssen, wo sie sich in den zehn Tagen vor und nach ihrer Rückkehr aufgehalten haben. Die Einreiseanmeldung soll digital statt wie bislang auf dem Papierweg möglich sein.
Was bedeutet das für die Rechte des Parlaments?
Ursprünglich hatte die SPD in einem Papier der Bundestagsfraktion gefordert, einen Zustimmungsvorbehalt des Deutschen Bundestages bei allen Rechtsverordnungen auf Bundesebene einzuführen, die wesentlich in die Grundrechte der Bürger eingreifen. Dagegen hat sich die Union bislang gesträubt. Bärbel Bas schloss eine ähnliche Regelung jedoch am Freitag nicht aus: „Es schadet uns allen nicht, die Parlamentsbeteiligung auszubauen.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo