Inland

Infektionsschutzgesetz: „Es geht nicht um ein Gegeneinander von Bund und Ländern.“

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese begrüßt die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Gleichzeitig fordert er Nachbesserungen am Entwurf der Bundesregierung. Einer möglichen Überprüfung des Verfassungsgerichts sieht Wiese gelassen entgegen.
von Kai Doering · 14. April 2021
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese: Die bisherigen Maßnahmen haben nicht den erhofften durchschlagenden Erfolg gebracht.
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese: Die bisherigen Maßnahmen haben nicht den erhofften durchschlagenden Erfolg gebracht.

In der kommenden Woche will der Bundestag das Infektionsschutzgesetz ändern. Warum ist das notwendig?

Deutschland befindet sich mitten in der dritten Welle der Corona-Pandemie. Trotz regelmäßiger Treffen von Bundeskanzlerin und Ministerpräsident*innen und seit Monaten geltenden einschränkenden Maßnahmen für die Bürger*innen in den Bundesländern, steigen die Infektionszahlen weiter dramatisch an. Die bisherigen Maßnahmen haben nicht den erhofften durchschlagenden Erfolg gebracht. Uneinheitliche Ausgestaltungen der aktuellen Regelungen in den Ländern und ein Flickenteppich von Maßnahmen in den Landkreisen und Kommunen führen zu Verwirrung und Unsicherheit in der Bevölkerung. Die Pandemie kennt keine Länder- und erst recht keine Kreis- oder Stadtgrenzen. Es braucht eine stärkere Rolle des Bundes und eine Kraftanstrengung von Bundestag, Bundesregierung und Bundesländern und der kommunalen Ebene für ein gemeinsames Vorgehen mit Blick auf einheitlichen Schutz, regelmäßige Tests in Betrieben, Schulen und Kitas, aber auch digitale Lösungen zur Kontaktnachverfolgung. 

Reichen die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Änderungen aus, um die dritte Corona-Welle zu brechen?

Ich begrüße ausdrücklich die Vorschläge der Bundesregierung zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Klar ist aber auch, dass der Deutsche Bundestag den Gesetzentwurf an einigen Stellen verbessern muss. So sollte zum Beispiel Sport im Freien durchgehend weiter möglich sein. Schon vor dem Kabinettsbeschluss konnten die SPD-Bundestagsfraktion durchsetzen, dass der Deutsche Bundestag bei dem Erlass von Bundesrechtsverordnungen zustimmen muss.

Eine Debatte gibt es u.a. über die ab einer 100. Inzidenz vorgesehene nächtliche Ausgangssperre. Warum ist die nötig?

Grundsätzlich halten wir es für notwendig, dass nicht nur der Inzidenzwert als alleiniges Kriterium herangezogen wird. Bei der letzten Änderungen zum Infektionsschutzgesetz haben wir bereits eine entsprechende Ausweitung auf weitere Kriterien gesetzlich verankert. Vorliegende Studien zeigen uns im Hinblick auf die Ausgangsbeschränkungen, dass dadurch in anderen Ländern der R-Wert erheblich gesenkt werden konnte, weil so private Kontakte reduziert werden konnten. 

AfD und FDP haben bereits angekündigt, gegen die Gesetzesänderungen zu stimmen, die Grünen fordern Nachbesserungen. Kann das den Beschluss der Maßnahmen in die Länge ziehen oder sogar verhindern?

Wir befinden uns bereits in intensiven Beratungen. An diesem Freitag wird es im Deutschen Bundestag die erste Lesung mit einer sicherlich intensiven Debatte geben. Hinzu kommt eine Expertenanhörung im zuständigen Fachausschuss. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist dann mit der zweiten und dritten Lesung in der kommenden Woche vorgesehen. Ebenso die Abstimmung im Bundesrat. Das ist ein intensives Verfahren, aber machbar.

Werden die Änderungen wie vorgesehen beschlossen, erhält der Bund mehr Kompetenzen. Was bedeutet das für den Föderalismus?

Wichtig ist mir zu betonen, dass es nicht um ein Gegeneinander von Bund und Ländern geht. Vielmehr bedarf es einer Optimierung des Zusammenspiels der unterschiedlichen Ebenen, damit wir diese Corona-Pandemie endlich hinter uns lassen. Darum haben wir als SPD-Bundestagsfraktion in dieser Woche auch noch einmal eine klare Perspektive für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch insbesondere für die Branchen eingefordert, die am meisten unter der aktuellen Situation leiden.

Es gibt bereits Ankündigungen, das Gesetz vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Könnte es in Karlsruhe noch scheitern?

Jede und jeder hat das Recht eine gesetzliche Maßnahme gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch gegenüber den jetzt diskutierten Änderungen passieren. Wir arbeiten aber als SPD-Bundestagsfraktion an einer verfassungskonformen gesetzlichen Grundlage.  

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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