Inland

Industrie 4.0: Mitbestimmung ist die Musik der Zukunft

Die Zukunft der Arbeit in der Industrie 4.0, die schnelle Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt und ein Gesetz gegen den Missbrauch bei Werkverträgen: Auf einer Veranstaltung der IG Metall erklärt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ihre Vorhaben
von Vera Rosigkeit · 7. September 2015
Andrea Nahles
Andrea Nahles

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat dieser Tage viel zu tun. Mit der Digitalisierung der Arbeit stehen große Veränderungen in der Arbeitswelt an, die gestaltet werden wollen. Gleichzeitig muss sie ein für September geplantes Gesetz für mehr Transparenz und gegen Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen auf den Oktober verschieben: Grund hierfür sei die ungeplante Migration, sagte Nahles auf einer Betriebsrätefachtagung der Berliner IG Metall: Es sei eine große Herausforderung, Flüchtlinge so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dabei wolle sie die große Motivation der Menschen nutzen. Noch nie habe es so viele offene Stellen gegeben. Gerade im Süden Deutschlands fehle es an Fachkräften. „Wir brauchen diese Leute", betonte Nahles. "Mein Ziel ist es, sie so schnell wie möglich zu Kolleginnen und Kollegen zu machen“, erklärte Nahles den zahlreichen Betriebsräten, die am Montag unter dem Motto „Gute Arbeit in der digitalisierten Arbeitswelt – Was können wir hierfür tun?“ in Berlin zusammengekommen waren, um die Veränderungen der Arbeit durch Industrie 4.0-Anwendungen zu diskutierten.

Keine Angst vor Industrie 4.0

Nahles erklärte, dass zu Beginn ihrer Amtszeit als Ministerin, Industrie 4.0 ein rein technisches Thema gewesen sei. Dabei sei die Investition in Menschen und Köpfe, in Aus- und Weiterbildung genauso wichtig wie die Investitionen in den Breitbandausbau, sagte sie. Aus diesem Grund habe sie im April mit dem Grünbuch Arbeiten 4.0 den Dialog über die Zukunft der Arbeitsgesellschaft gestartet. Nahles ist überzeugt: „Wenn wir in die Qualifikation der Arbeitnehmer investieren, brauchen wir keine Angst vor der Zukunft zu haben. Wir haben eine gut motivierte Arbeiterschaft und gut aufgestellte Gewerkschaften.“

Auch wenn einige Arbeitgeber die Entwicklung rund um Industrie 4.0 nutzen würden, um beispielsweise das Ende des Achtstundentags zu verkünden, sei eine Angstdebatte wenig zielführend, erklärte sie. Gleichwohl räumte Nahles ein, dass die Arbeitszeitgestaltung ein großes Thema sei. „Aber darin steckt auch eine Chance auf mehr selbstbestimmte Zeit.“ Nahles versicherte, dass mit ihr mehr Flexibilität nur auf Basis der bewährten Mitbestimmung machbar sei. Die Arbeitszeit sei und bleibe Gestaltungsfeld für Betriebsräte.

Gesetz gegen Missbrauch von Werkverträgen

Mitbestimmung sei die Musik der Zukunft, fuhr sie fort. Auch Kolleginnen und Kollegen, die über Werkverträge in den Betrieb kommen, sollen künftig gewerkschaftlich vertreten sein, so ihr Ziel. Den Einsatz von Leiharbeitern will Nahles auf 18 Monate begrenzen, vor allem in Betrieben, die nicht tarifvertraglich gebunden sind. So will sie gleichzeitig tarifvertragliche Verabredungen für Unternehmen wieder attraktiver machen. Und auch Auswüchse bei Werkverträgen will sie bekämpfen. Scheinwerkverträge müssen sanktioniert werden, betonte Nahles. Dafür soll künftig aber nicht mehr die Bundesagentur für Arbeit zuständig sein, sondern der Zoll. Nahles sagte für dieses Vorhaben eine ähnlich harte Debatte voraus wie beim Mindestlohn. Es werde Vertreter geben, die auch hier den Untergang des Abendlandes prognostizieren werden.

Auch aus diesem Grund sei sie froh, dass die IG Metall die Debatte um Werkverträge und Leiharbeit in den kommenden Wochen noch einmal die Öffentlichkeit tragen will. „Dann lässt sich das Gesetz besser auf den Weg bringen“, so Nahles.

 

 

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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