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IG Metall-Studie zu Corona: Junge Generation hat größte Last getragen

Psychische Belastungen bis hin zum Kontrollverlust und ein großer Einschnitt in die Berufsplanung: Junge Menschen haben unter Corona besonders gelitten, zeigt eine Studie der IG Metall. Welche Unterstützung sie für ihren Plan B jetzt brauchen.
von Vera Rosigkeit · 14. Juli 2021
Ausbildung
Ausbildung

Die Corona-Pandemie hat Spuren hinterlassen, auch bei jungen Menschen. Wie stark Jugendliche und junge Erwachsene die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie belastet haben, zeigt die aktuelle Studie „Plan B“ der IG Metall. „Die Krise traf junge Menschen in einer Phase, in der sie Perspektiven entwickeln und Pläne für die Zukunft zu schmieden“, erklärt die Zweite Vorsitzende der IG Metall Christiane Benner am Mittwoch in einem virtuellen Pressegespräch.

Psychische Gesundheit hat besonders gelitten

Im Zeitraum der Befragung von Mitte Januar bis Ende März 2021 habe besonders die psychische Gesundheit gelitten, sagt Jugendforscher Simon Schnetzer bei der Vorstellung der Ergebnisse der Studie. Ganze 61 Prozent gaben an, ihre psychische Gesundheit habe sich während der Pandemie verschlechtert, 52 Prozent der Auszubildenden, dual Studierenden sowie jungen Beschäftigten hätten das Gefühl, ihr eigenes Leben nicht mehr kontrollieren zu können.

Besonders stark verschlechtert habe sich die Ausbildungssituation in den Berufsschulen. Schnetzer führt das darauf zurück, dass die Bildungseinrichtungen den Übergang hin zur digitalen Bildung nur mangelhaft bewältigt haben. Er sieht darin ein wichtiges Signal für Politik und Wirtschaft, wenn die betriebliche Ausbildung weiterhin im Vergleich zum Studium attraktiv bleiben soll.

Leidtragende der schlechten digitalen Infrastruktur

In der Folge rechnen 54 Prozent mit schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt und 41 Prozent sehen ihre Übernahme in Gefahr. Insgesamt sagen 40 Prozent der befragten 16 bis 27-Jährigen am Anfang ihres Berufslebens, dass sich ihre beruflichen Werdegänge komplett oder zum Teil verändert haben. „Ein enormer Einschnitt“, meint Schnetzer, der zeige, dass Jugendliche „die Leidtragenden einer schlechten digitalen Infrastruktur für Bildung, Arbeit und Gemeinschaft“ seien. Aufgegeben habe sich die Jugend deshalb aber nicht, räumt er ein.

Auch wenn die junge Generation unter den unsicheren Perspektiven leide, sei sie dennoch sehr engagiert. Vielmehr seien Jugendliche mit Plan A in die Krise gegangen und hätten gemerkt, dass Plan A nicht funktioniere, weshalb sie jetzt einen Plan B immer mitdenken müssten, um Zukunft zu gestalten. Schnetzer rät der Politik zu mehr Jugendbeteiligung. Dies sei ein Weg, Entscheidungen der Krisenbewältigung für eine bessere Zukunft zu verbessern und zu legitimieren.

Was braucht es für Plan B?

Trotz des Engagements vieler Unternehmen, von Auszubildendenvertretung und Betriebsrät*innen zeigten die Ergebnisse der Studie vor allem, dass die junge Generation in der Corona-Pandemie „die größte Last getragen“ habe, sagt Christiane Benner. Zwar konnte eine finanzielle Stabilität gesichert werden, weil es gute Regelungen zur Kurzarbeit gab und auch Ausbildungsvergütungen nicht gekürzt werden konnten, wenn Auszubildende in Kurzarbeit waren, räumt Benner ein. Auch konnte in Unternehmen mit guter Interessenvertretung vielfach erreicht werden, dass Auszubildende übernommen wurden. Wenn jedoch große Teile einer Generation empfinden, dass sie die Kontrolle über ihr Leben verloren hätten, müsse die Gesellschaft reagieren, mahnt sie.

Benner: „Wir brauchen junge Fachkräfte.“

Die Betriebe als Lernort müssten dafür Sorge tragen, dass die Ausbildungsqualität nicht weiter leide, fügt sie hinzu. Ausbildungsinhalte müssten nachgeholt, ordentliche Prüfungen ermöglicht und Konzepte der digitalen Ausbildung weiterentwickelt werden. Damit sich für dual Studierende sichere Perspektiven ergeben, wolle die IG Metall dafür sorgen, sie unter unter tarifvertragliche Regelungen zu nehmen. Gleichzeitig warnt Benner vor dem massiven Rückgang der Ausbildungsplätze. Erstmals seit der deutschen Einheit sei im Jahr 2020 die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge unter 500.000 gefallen.

An die Unternehmen appelliert Benner alles zu tun, was möglich sei, um auszubilden und zu übernehmen. „Nutzt die Ausbildungsprämie von 6.000 Euro, denkt an die Zukunft und dass ihr die Fachkräfte in der Transformation dringend brauchen werdet.“ Dies sei ihrer Meinung nach eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung, aber auch der wirtschaftlichen Vernunft. „Wir brauchen junge Fachkräfte.“

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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