IG Metall streikt für Arbeitszeiten, die zum Leben passen
Arbeitszeiten werden immer flexibler, allerdings einseitig zugunsten der Unternehmen. „Für Beschäftigte sind die Arbeitszeiten heute überwiegend fremdbestimmt und immer weniger planbar“, sagt IG Metall-Chef Jörg Hofmann. Nun streiken die Mitglieder der größten Einzelgewerkschaft Europas – nicht nur für mehr Lohn, sondern auch für das Recht auf eine 28-Stunden-Woche.
Angebot der Arbeitgeber „mickrig“
Ob in Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt, in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen, am Montag legten Tausende von Beschäftigten ihre Arbeit nieder, um sich an Warnstreiks zu beteiligen. Für die Tarifrunde 2018 fordert die IG Metall sechs Prozent mehr Lohn und Ausbildungsvergütung sowie einen individuellen Anspruch, die wöchentliche Arbeitszeit für die Dauer von zwei Jahren auf bis zu 28 Stunden zu verkürzen.
Die Warnstreiks richten sich vor allem gegen die Blockadehaltung der Arbeitgeber. Deren Angebot von zwei Prozent mehr Geld wird auf Gewerkschaftsseite als Provokation aufgefasst. Bereits am vergangenen Freitag bekräftigte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Uwe Hück von der Porsche AG in Stuttgart, dass die Forderung nach sechs Prozent mehr Geld mehr als fair sei, denn: „Die Gewinne sprudeln, die Kassen der Arbeitgeber sind prall gefüllt. Uns dann nur zwei Prozent anzubieten, ist nicht nur weltfremd, das ist unverschämt“, kritisierte er. Und für IG Metall-Chef Hofmann ist die starke Beteiligung der Belegschaften an den Warnstreiks ein deutlicher Hinweis, was sie vom Arbeitgeberangebot hielten: „Nichts! Sie lassen sich nicht mit einem mickrigen Lohnangebot abspeisen“.
Arbeitszeiten die zum Leben passen
„Arbeitgeber lösen heute alle Probleme mit ihrem Arbeitszeit-Mantra von gestern: Vollzeit plus Überstunden plus Flexibilität plus Leistungsverdichtung“, so Hofmann. Doch Beschäftigte wollen über ihre Arbeitszeit stärker selbst bestimmen und sie vorübergehend reduzieren können. So laute ein zentrales Ergebnis einer IG Metall Beschäftigtenbefragung mit mehr als 680.000 Teilnehmern aus 2017. Auch schließe die allseitige Verfügbarkeit oft die volle Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Frauen aus. Gleichzeitig seien die Sorge für Kinder im Haushalt, die Pflege Familienangehöriger, Prävention statt Gesundheitsverschleiß im Schichtbetrieb wichtige gesellschaftliche Aufgaben. Deshalb fordert die IG Metall einen verbrieften Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit, inklusive dem Recht, zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren, so Hofmann. „Wir wollen Arbeitszeiten die zum Leben passen“.
An die Arbeitgeber appellierte er am Montag, ihre „Verweigerungshaltung“ aufzugeben und mit „konstruktiv über unsere Forderung zur Arbeitszeit“ zu reden. Für die kommenden Tage kündigte Hofmann massive bundesweite Warnstreiks an.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.