IG Metall: Mit einer solidarischen Rente gegen Altersarmut
Einen Kurswechsel in der deutschen Alterssicherungspolitik – das fordert die Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) in ihrer aktuellen Kampagne zum „Neuaufbau einer solidarischen Altersvorsorge“.
Und sie hat allen Grund dazu. Denn eine Mehrheit von 64 Prozent aller Befragten einer Umfrage der IG Metall glaubt nicht, dass sie von ihrer Rente gut wird leben können, erklärt IG Metall-Chef Jörg Hofmann am Mittwoch in Berlin. Zurecht, fügt er hinzu, denn ein sinkendes Renteniveau bei gleichzeitig steigender Regelaltersgrenze bedeutet unterm Strich weniger Geld in der Tasche bei Eintritt in die Rente.
Rente: Risiko Altersarmut wächst
Dass die Rente tatsächlich nicht mehr reicht, veranschaulicht Hofmann am Mittwoch mit Hilfe des so genannten „Standardrentners“, der nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittseinkommen beim aktuellen Rentenniveau von 47,5 Prozent 1.370 Euro brutto Rente erhält. Von diesem Einkommen werden derzeit ca. 10 Prozent für Kranken- und Pflegeversicherung und Steuern abgezogen.
Im Jahr 2000 hätte der Standardrentner nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittseinkommen beim damaligen Rentenniveau von 53 Prozent noch 1.530 Euro erhalten, fährt Hofmann fort. Für 2030 und einem drohenden Rentenniveau von 43 Prozent liege die zu erwartende Rente bei 1.240 Euro.
Aber: Käme ein Durchschnittsverdiener in 2030 nur auf 40 Beitragsjahren, würde seine Rente nur knapp über dem Grundsicherungsniveau liegen. „Das rüttelt an der Legitimation der gesetzlichen Rente“, warnt Hofmann. Die Rentenpolitik müsse für eine „ausrechende Rentenhöhe im Alter sorgen, die die Lebensleistung anerkennt“, fordert er.
Privatvorsorge auf Kosten der Arbeitnehmer stoppen
So wird schnell klar, dass Niedrigeinkommen und/oder gebrochene Erwerbsbiografien die Lebensstandardsicherung in weite Ferne rücken lassen, dagegen aber Altersarmut zu einem bedeutenden Risiko wird.
Und hoffte man mit der Rentenreform von 2002 noch die Versorgungslücke mit privater Vorsorge wie beispielsweise der Riester-Rente zu schließen, so weiß man heute, dass diese Hoffnung nicht aufgegangen ist, erklärt Hans-Jürgen Urban, ebenfalls Vorstandsmitglied der IG Metall. Der Zwang zur Privatvorsorge habe allerdings zu einem „eklatanten Umverteilungsmechanismus“ geführt, kritisiert er. Arbeitgeber würden durch „gedrosselte Beitragssatzsteigerungen entlastet“, während Beschäftigte inzwischen bis zu neun Prozent ihres Einkommens in kapitalgedeckte Privatprodukte investierten.
Ein Strategiewechsel sei deshalb unverzichtbar, fordert Urban. Wir müssen weg vom Ziel, Beiträge niedrig zu halten, wir brauchen eine „Rente mit Niveau“. Dazu seien zunächst drei Schritte notwendig: Ein weiteres Absinken des Rentenniveaus müsse gestoppt werden, die Rentenentwicklung wieder an die Lohn- und Gehaltsentwicklung gekoppelt und letztlich das Leistungsniveau wieder an ein neues Sicherungsziel festgelegt werden.
Eine Versicherung für alle Erwerbstätigen
Langfristig hält die IG Metall daran fest, die Rentenversicherung zu einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung zu entwickeln. „Es ist aus unserer Sicht besonders wichtig, dass auch Solo-Selbstständige, Beamte und Parlamentarier ihren Beitrag zur Alterssicherung leisten“, sagt Urban.
Auch ein Anheben des Rentenbeitrags schließt die IG Metall nicht aus. Eine Umfrage von TNS Infratest habe gezeigt, das 60 Prozent der Befragten bereit wäre, für mehr Lebensqualität im Alter höhere Beiträge zu zahlen. Hofmann ergänzt: "Das betrifft auch jüngere Kollegen".
Weiter fordert die IG Metall eine „Betriebsrente für alle als ergänzende Absicherung“, so Hofmann, der sich gleichzeitig für mehr Flexibilität beim Übergang in den Ruhestand ausspricht. Das Anheben der Altersgrenzen zwinge viele Beschäftigte, Abschläge bei der Alterssicherung hinzunehmen. Gegen die Weiterarbeit neben dem Rentenbezug sei nichts einzuwenden, wenn es auf Freiwilligkeit beruhe und nicht auf Zwang, sagt er. Viel wichtiger sei jedoch, dass Beschäftigte gesund das Rentenalter erreichen.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.