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IG Metall-Aufruf #FairWandel: „Umbrüche im Arbeitsleben sind stark spürbar“

Jasmin Gebhardt ist Auszubildendenvertreterin in der Automobilbranche. Den Wandel der Arbeit bekommt sie in ihrem Betrieb hautnah mit. Welche Unterstützung junge Beschäftigte brauchen, erklärt sie im Interview.
von Vera Rosigkeit · 28. Juni 2019

Unter dem Motto #FairWandel ruft die IG Metall für Samstag in Berlin zu einer großen Demonstration auf. Worum geht es?

Es geht um die Transformation der Arbeit und darum, diesen Wandel sozial und ökologisch zu gestalten. Ich arbeite in der Automobilindustrie, da sind die Umbrüche schon stark spürbar.

Als Jugend- und Auszubildendenvertreterin kennen Sie die Praxis. Wie sind junge Menschen von den Umbrüchen im Arbeitsleben betroffen?

Wir stellen fest, dass immer mehr Roboter eingesetzt werden und die Menschen, die bisher Maschinen bedient haben, nicht mehr gebraucht werden. Diese Menschen benötigen aber eine Perspektive und müssen deshalb qualifiziert werden. Ein anderer Punkt: Gemeinsam mit den Ausbildungs- und Personalleitungen überlegen wir als Jugend- und Auszubildendenvertreter, welche Ausbildungsberufe in Zukunft gefragt sind.  Es geht darum, wie sich junge Leute weiterbilden müssen.

Sind damit auch Unsicherheiten verbunden?

Die spüre ich eher beim Thema Standortschließungen, weil junge Menschen ihre Ausbildung dann vielleicht nicht abschließen können. Mir fällt aber auf, dass die jungen Leute immer neugieriger werden. Viele beenden ihre Ausbildung und gehen dann direkt ins Duale Studium.

Hat das auch etwas mit der Dynamik der Veränderung zu tun?

Zum Teil schon. Die jungen Leute fragen sich natürlich, ob es sinnvoll ist, noch fünf Jahre an einer Maschine oder Produktionshalle zu stehen, die es danach vielleicht nicht mehr gibt. Sie qualifizieren sich dann lieber direkt weiter, um einen anderen Bildungsstand zu bekommen.

Werden sie ausreichend unterstützt?

Da gibt es noch Luft nach oben. Es muss möglich sein, Weiterbildung und Arbeit unter einen Hut zu bekommen, zum Beispiel durch Freistellungen. Für viele ist die Qualifizierung in Vollzeit keine Alternative. Wenn sie aber, so wie ich für die Weiterbildung zum Technischen Fachwirt, ein Teilzeitmodell wählen, brauchen sie bessere Möglichkeiten dazu.

Ist da nur der Arbeitgeber gefragt oder auch die Politik?

Beide. Bei der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes zum Beispiel ist die Politik gefragt. So sind die dual Studierenden immer noch nicht in den Geltungsbereich des Gesetzes aufgenommen. Sie haben auch keine Übernahmegarantie und es passiert oft, dass sie entweder gar nicht übernommen werden oder nur befristet.

Was wäre noch wichtig?

Auch die drei- oder dreieinhalbjährige Berufsausbildung muss gesichert werden. Arbeitgeber wünschen sich eine Verkürzung auf zwei Jahre. Will man sich aber zum Beispiel zum Fachwirt weiterbilden, ist eine dreijährige Ausbildung Voraussetzung. Außerdem wollen wir eine gesetzliche Regelung, dass Auszubildende, die nicht übernommen werden, mindestens drei Monate vorher informiert werden müssen. Besonders wichtig ist uns aber auch die Lehr- und Lernmittelfreiheit. Bildung muss für alle zugänglich sein.

Nun ruft auch der Naturschutzbund für Samstag zur Kundgebung auf. Welche Rolle spielt der Klimaschutz in der Metall-Jugend?

Klimaschutz spielt für die IG Metall-Jugend eine große Rolle. Zu diesem Thema tauschen wir uns mit den Aktivisten von Friday for Future aus. Das ist uns sehr wichtig. Wir sind auch überzeugt, dass Ökologie und Beschäftigung keine Gegensätze sind. Gute und sichere Arbeit lässt sich auch mit einer ambitionierten Klimapolitik erreichen. 

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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