Hotspots und Basisschutz: Welche Maßnahmen jetzt gegen Corona gelten
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Obwohl die Zahl der Corona-Neuinfektionen zurzeit täglich neue Höchststände erreicht, wird es bald kaum noch Einschränkungen für das öffentliche Leben geben. Am Freitag hat der Bundestag mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP eine Neufassung des bundesweiten Infektionsschutzgesetzes beschlossen. 388 Abgeordnete stimmten für die Pläne der Ampelkoalition, 277 lehnten sie ab, 2 enthielten sich. Der Bundesrat ließ das Gesetz am Freitag ebenfalls passieren.
Damit gilt ab Sonntag nur noch der sogenannte Basisschutz: Das Tragen einer Atemschutzmaske bzw. einer medizinischen Gesichtsmaske ist dann nur noch in Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen und ähnlichen medizinischen Einrichtungen verpflichtend. In Kitas, Schulen und Pflegeeinrichtungen bleiben Schnelltests weiter verpflichtend. In beiden Fällen müssen die Landtage dies aber für das jeweilige Bundesland beschließen. Bundesweit soll zudem weiterhin eine Maskenpflicht in Regional- und Fernzeugen sowie in Flugzeugen gelten.
Verschärfte Schutzmaßnahmen nur noch in Hotspots
Die derzeit gültige 3G-Zugangsregel – geimpft, genesen oder getestet – entfällt dagegen. Gleiches gilt für weitere Maßnahmen wie Abstandsgebote, Hygienekonzepte oder die Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises für Gastronomie oder Kultureinrichtungen. Allerdings können die Landtage Gebiete mit hohem Infektionsgeschehen als sogenannte Hotspots festlegen, wenn die Gefahr einer Überlastung der Krankenhauskapazitäten besteht. In diesen gelten dann verschärfte Schutzmaßnahmen. Auch komplette Bundesländer können demnach als Hotspot festgelegt werden.
Um den Landesparlamenten Zeit zu geben, entsprechende Regeln zu erlassen, gilt eine Übergangsfrist für das zum Sonntag auslaufende Infektionsschutzgesetz. Den Ländern wird damit bis zum 2. April Zeit gegeben, eine Regelung zu treffen.
Lauterbach: Wir ändern die Balance
„Wir brauchen Schutzmaßnahmen, solange wir eine so hohe Zahl an Ungeimpften haben“, betonte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in der hitzig geführten Bundestagsdebatte zur Gesetzesänderung am Freitagmorgen. Von einem „Freedom Day“, also dem Ende aller Schutzmaßnahmen, könne frühestens dann gesprochen werden, wenn es eine Impfpflicht gebe und die Impfquote deutlich erhöht sei.
Die Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die er gemeinsam mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erarbeitet hatte, nannte Lauterbach einen „richtigen Kompromiss“. Mit ihm werde „die Balance geändert“, weg von mehr Sicherheit hin zu mehr Freiheit und Eigenverantwortung, denn „wir können nicht weiter ein ganzes Land unter Schutz stellen, nur weil es eine kleine Gruppe von Impfunwilligen gibt“. Zudem sei er bereit, „jederzeit das Infektionsschutzgesetz zu ändern, wenn sich die Lage ändert“.
Söder kritisiert – und lockert selbst
Als „vertretbaren Kompromiss“, der „die Verhältnismäßigkeit wahrt und vulnerable Gruppen in den Blick nimmt“ bewertete in der Debatte auch SPD-Fraktionsvizechef Dirk Wiese die Änderung des Infektionsschutzgesetzes und damit die Rücknahme der Schutzmaßnahmen. Er betonte: „Wenn wir nichts tun, würde es gar keine Maßnahmen mehr geben.“ Das bisher gültige Infektionsschutzgesetz läuft am 19. März aus. Richtig findet Wiese daher auch, dass die Landtage nun über mögliche weitergehende Maßnahmen gegen das Corona-Virus entscheiden müssten. Hierbei konterte er auch Kritik von Ministerpräsidenten, die die Neuregelung als zu lasch bewerteten.
So hatte etwa Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder am Donnerstag am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz vor einer „Durchseuchung“ der Schulen gewarnt, wenn hier die Maskenpflicht falle. Allerdings hatte die bayerische Staatsregierung bereits zuvor entschieden, dass im Freistaat ab 28. März nur noch Schüler*innen von der ersten bis zur vierten Klasse eine Maske tragen müssen. „Wir sollten uns sehr genau die Öffnungspolitik der CDU-geführten Bundesländer ansehen“, sagte daher Dirk Wiese.
SPD-Länder für weitreichende Maskenpflicht
Doch auch die SPD-geführten Bundesländer Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz übten in einer Protokollerklärung der Ministerpräsidentenkonferenz scharfe Kritik an der weitreichenden Aufhebung der Corona-Maßnahmen. Vor allem die Maskenpflicht müsste aus ihrer Sicht deutlich ausgeweitet bleiben.
„Die Möglichkeit einer Maskenpflicht ist ein niedrigschwelliges und einfaches, aber nachweislich sehr effizientes Mittel zum Schutz vor einer Infektion“, heißt es in der Protokollerklärung. Von der Bundesregierung fordern sie, „dass bei Verschlechterung der Infektionslage, der Deutsche Bundestag schnell und unmittelbar über eine erneute Novelle des Infektionsschutzgesetzes beraten wird“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.