Die SPD galt einmal als der natürliche politische Partner der Gewerkschaften. Doch gerade im Nachwuchsbereich hat sich diese Bindung aufgelöst. Nach meinen Erfahrungen sind von den aktiven Gewerkschafts-Jugendlichen maximal noch 30 Prozent in einer Partei organisiert. Und selbst dort nimmt die SPD, verglichen mit der Linkspartei und sogar den Piraten, keine herausragende Stellung mehr ein.
Diese Entfremdung hat zum einen politische Gründe. Als Regierungspartei hat die SPD leider dazu beigetragen, die prekäre Beschäftigung auszuweiten. 20 Prozent aller unter 34-Jährigen haben zeitlich befristete Arbeitsverträge, bei den neu geschlossenen Verträgen ist der Anteil noch höher. Nun will die SPD prekäre Beschäftigungsverhältnisse wieder eindämmen. Das ist gut, aber es bleiben weitere Baustellen. So ist schon jetzt zu spüren, dass die Schuldenbremse in Hessen zum Abbau von Ausbildungsplätzen im öffentlichen Sektor führt. Wenn die SPD die Interessen junger Arbeitnehmer glaubhaft vertreten will, muss sie hier handeln.
Doch es gibt noch einen anderen Grund für die Entfremdung zwischen SPD und Gewerkschaften. Die Gewerkschaften gewinnen ihren Nachwuchs zu großen Teilen aus den klassischen Arbeiterberufen. Dafür haben sie Probleme, Universitätsabsolventen zu erreichen – denn auch hier gilt es, zunehmender Präkarisierung entgegenzuwirken.
Bei den Jusos ist es umgekehrt: Hier sind Akademiker überproportional vertreten. Auszubildende kommen im SPD-Nachwuchs kaum noch vor. Damit geht die Gefahr einher, dass es den Jusos schwer fällt, Interessen von Auszubildenden zu vertreten.
Wenn die Jusos sich stärker mit den Problemen von Auszubildenden befassen, können sie dort wieder Fuß fassen. So wie in Darmstadt, wo sich die Jusos gegen zu hohe Parkplatzgebühren für Azubis des dortigen Berufsschulzentrums Nord einsetzen. Das mag banal klingen, doch wenn diese Gebühren von einem kleinen Ausbildungsgehalt bezahlt werden müssen, werden sie zu einer großen Belastung.
Die jungen Akademiker in der SPD rufe ich auf: Organisiert Euch! Auch Ihr leidet oft unter prekären Beschäftigungsverhältnissen, unsozialen Arbeitszeiten oder den Problemen der „Generation Praktikum“. Das Bewusstsein, dass auch hier gewerkschaftlich organisierte Solidarität nötig ist, ist noch zu schwach ausgeprägt. In den Gewerkschaften könnt Ihr Euch austauschen mit Menschen aus anderen Berufsgruppen, ob Akademiker oder nicht. Nehmt diese Erfahrungen mit in die Parteiarbeit! Und tragt dazu bei, dass die SPD für alle jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder die erste Wahl unter den Parteien wird!
ist Jugendbildungsreferent bei ver.di (Bezirk Südhessen und Wiesbaden). Gleichzeitig ist er SPD-Mitglied und Juso. Er wohnt in Darmstadt.