Homeoffice: Warum ein Zurück zur Zeit vor Corona schwierig ist
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In den vergangenen zwei Jahren haben zeitweise mehr als 25 Prozent der Erwerbstätigen im Homeoffice gearbeitet. Die Böckler-Stiftung hat regelmäßig Befragungen durchgeführt. Welche Vorteile hat das Arbeiten von zu Hause gebracht?
Während der Pandemie war Homeoffice oder mobiles Arbeiten eine Ausnahmesituation, eingesetzt als Mittel zur Kontaktreduktion. Das muss man bedenken. Tatsächlich ist es für viele Befragten aber ein charmantes Arrangement. Ein großer Vorteil für viele Beschäftigte ergab sich durch das Einsparen von Fahrzeiten. Wenn ich ein, zwei Stunden am Tag allein durch den Wegfall der Anfahrt zum Arbeitsplatz einsparen kann, verkürzt das meinen Arbeitstag enorm. Ein weiterer Vorteil liegt generell darin, mehr Autonomie über den Arbeitsort und über die Arbeitszeitgestaltung zu haben. So lassen sich beispielsweise außerberufliche Verpflichtungen besser vereinbaren.
Welche Nachteile sind damit verbunden?
Unsere Studien haben ergeben, dass es teilweise zu mehr Überstunden kommt und den Beschäftigten das Abschalten von der Arbeit schwerer fällt. Die Gefahr, kein Ende des Arbeitstages zu finden, was möglicherweise auch zu Konflikten in der Familie führen kann, kennen wir auch aus Studien, die vor der Pandemie gemacht wurden. Nur waren jetzt deutlich mehr Beschäftigte betroffen.
Frauen haben im Homeoffice mehr Sorgearbeit geleistet. Was das pandemiebedingt oder hat auch das grundsätzlich mit mobilem Arbeiten zu tun?
Beides. Wir wissen aus Studien, dass Frauen im Vergleich zu Männern, wenn sie im Homeoffice arbeiten, mehr Zeit für Sorgearbeit nutzen. Das liegt auch daran, dass Frauen noch immer die primären Ansprechpartnerinnen für die Kinder sind. Eine Untersuchung des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung während der Pandemie hat gezeigt, dass Frauen seltener einen Arbeitsplatz zu Hause haben und sich Männer, wenn es noch einen Raum zu Hause gab, zurückgezogen haben. Auch das erhöht die Wahrscheinlichkeit, Ansprechpartnerinnen zum Beispiel für die Kinder zu sein. Da es diese Tendenz ebenfalls vorher gab, haben Frauen auch während der Pandemie den Löwenanteil der Kinderbetreuung gestemmt. Und sie haben häufiger als Männer ihre Arbeitszeit reduziert.
Nun ist die Empfehlung für das Homeoffice aufgehoben. Wie schätzen sie die weitere Entwicklung ein, auch mit Blick der in der Pandemie gemachten Erfahrungen?
Befragungen unter Arbeitgeber*innen in unterschiedlichen Ländern ergaben als Ergebnis zwar ein relativ buntes Bild, aber mit der Tendenz zum hybriden Arbeiten. Wir werden es also in der Zukunft mit einer Arbeitswelt zu tun haben, in der hybrid gearbeitet wird. An ein paar Tagen in der Woche werden die Beschäftigten von zu Hause oder anderen Orten arbeiten können und an ein paar Tagen ins Büro kommen. Sicherlich wird es auch Unternehmen geben, die wieder zurückgehen wollen zum Status vor der Pandemie. Nur das wird schwierig werden und ohne Widerstände nicht einfach durchzusetzen sein. Denn unsere Studie hat gezeigt, dass rund 70 Prozent der Befragten damit rechnen, dass Homeoffice auch in Zukunft verbreitet sein wird.
Was wären die Vorteile eines hybriden Arbeitens?
Das Risiko einer professionellen Isolation ist natürlich höher, wenn 100 Prozent der Arbeitszeit von zu Hause oder außerhalb des Büros gearbeitet wird. Es erschwert in Teilen die Kommunikation in Teams und Abteilungen. Auch wenn die Pandemie eine gute Blaupause war um zu sehen, wie viel Kommunikation durch digitale Technologien möglich ist, gibt es Sachen, die einfach nicht ersetzt werden können, wie ein persönliches Gespräch. Das wird weiterhin so bleiben.
Was wäre der Vorteil eines Rechts auf Homeoffice?
Ein Recht auf Homeoffice hat enorme Vorteile. Leider ist Arbeitsminister Hubertus Heil mit seinem Gesetzentwurf dazu in der vergangenen Legislaturperiode am Koalitionspartner CDU/CSU gescheitert. Das scheint jetzt leider vom Tisch zu sein. Für uns von der Stiftung wäre aber das Recht eine gute Grundlage, um den Zugang zum Homeoffice zu gewährleisten. Durch dieses Recht könnte man auch sicherstellen, dass Beschäftigte, die nicht im Homeoffice arbeiten können, kompensiert werden. Eine Kompensationsmöglichkeit könnte beispielsweise darin liegen, ihnen mehr Flexibilität ihrer Arbeitszeit zu ermöglichen. Auch gebe es für die Sozialpartner mehr Anreize, weitere Vereinbarungen zum Homeoffice zu treffen, die dem ganzen einen guten Rahmen geben.
Können Regeln zum Homeoffice verhindern, dass Frauen doch mehr Sorgearbeit leisten?
Homeoffice ist kein Ersatz für professionelle Kinderbetreuung und die muss weiter ausgebaut werden. Zusätzlich brauchen wir weitere Anreize für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung. Aber Homeoffice nicht zu regeln, wäre auch ein Nachteil für Frauen. Studien zum Homeoffice vor der Pandemie haben gezeigt, dass Frauen der Zugang zum Homeoffice häufiger verwehrt wurde als Männern. Von einem Recht würden Frauen deshalb profitieren. Und mit Regelungen, dass Homeoffice nicht zwangsläufig in Mehrstunden endet, arbeiten Männer auch weniger lang. Das wäre ein indirekter Effekt. Außerdem: Homeoffice ist jetzt in der Welt. Hybrides Arbeiten wird sich in vielen Unternehmen als eine dominante Arbeitsform durchsetzen. Und wenn es schon da ist, sollte man es auch gut ausgestalten.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.