Inland

Herzlichen Glückwunsch zum 30. Geburtstag

von Uwe Karsten Heye · 12. März 2013

Wo sonst als im hessischen Landtag könnten Bündnis 90/Die Grünen ihren 30. Geburtstag feiern. Dort war es der rechte Sozialdemokrat Holger Börner, der 1985 Joschka Fischer zum Umweltminister und die Grünen in eine Koalition mit seiner Partei führte.

Die hessische SPD agierte in der Bundesrepublik schon immer ein Stück weit vor der Restpartei, die zu diesem Experiment noch wenig Zutrauen hatte. Damals ging es gegen die Wiederaufarbeitung und um die Sicherheit von Kernkraftwerken, und der agile Joschka zeigte der Atomindustrie erstmals, was eine Harke war.

Die Grünen brachten das Lebensgefühl einer neuen Generation in eine erstarrte politische Landschaft, in der keine der etablierten Parteien für deren Themen besonders aufgeschlossen schien. Helmut Schmidt, anders als heute, kam mit dem Satz in Richtung Grüne und zum linken Flügel seiner Partei in die Analen der Bundesrepublik: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen!“ Völlig unterschätzt die Themen, die von den Grünen intoniert und mit politischer Leidenschaft, wenn auch oft dabei sich selber im Wege, in die Öffentlichkeit getragen wurden: Atom, Wettrüsten, Waldsterben, Diskriminierung, Überwachung, Dritte Welt, Fraueninitiativen.

Welche Standhaftigkeit zeigten die Grünen als sie gegen eine zuweilen gehässige und jedenfalls oft feindliche Öffentlichkeit ihre Themen durchsetzten. Der größtmögliche anzunehmende Unfall wie in Tschernobyl gab ihnen auf schreckliche Weise Recht und brachte der Bundesrepublik den ersten Umweltminister. Die Grünen waren nie die monothematische Partei, zu der sie ihre Gegner gern stempeln wollten. Ihre frischen Ausdrucksformen brachten ihnen immer mehr Wählerstimmen und wachsende Glaubwürdigkeit vor allem unter jungen Wählerinnen. 

Nach dem Scheitern in Hessen war es Gerhard Schröder, der 1989 in Niedersachsen eine erfolgreiche rot-grüne Regierung mit Jürgen Trittin als Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten führte, die dann in Bonn/Berlin auch im Bund aufgelegt wurde. Heute stellen sie im ehemals schwarzen Baden-Württemberg den ersten Ministerpräsidenten, dass weitere folgen, ist nicht auszuschließen. Von hier zum 30. jedenfalls einen herzlichen Glückwunsch.

Autor*in
Uwe Karsten Heye

Uwe-Karsten Heye ist Journalist. Von 1998 bis 2002 war er Regierungssprecher und Staatssekretär der Bundesregierung unter Gerhard Schröder. Heye ist Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender des Vereins "Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland

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