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Heizung, Miete, Lebensmittel: Warum Transferleistungen steigen müssen

Sorgen vor steigenden Mieten, Heiz- und Lebensmittelkosten sind für viele zu einer existenzbedrohenden Angst geworden – das kann Bernhard „Felix“ von Grünberg berichten. Der Sozialdemokrat sagt: Es wird höchste Zeit für höhere Hartz-4-Regelsätze.
von Benedikt Dittrich · 15. Juli 2022
Angst vor der nächsten Abrechnung: Die Heizkosten können dramatisch steigen.
Angst vor der nächsten Abrechnung: Die Heizkosten können dramatisch steigen.

Wenn es nach Bernhard „Felix“ von Grünberg (SPD) geht, kann die Erhöhung der Transferleistungen gar nicht schnell genug kommen. Hubertus Heil (SPD), Arbeits- und Sozialminister in der Bundesregierung, hatte genau das jüngst angekündigt: Die Hartz-4-Regelsätze sollen mit dem kommenden Bürgergeld deutlich angehoben werden. „Das ist längst überfällig, eigentlich müsste es jetzt schon passieren“, meint der Sozialdemokrat und Mieterbund-Vorsitzende in Bonn. Es kann ihm eigentlich gar nicht schnell genug gehen.

Denn in seinen Bürgersprechstunden, die er seit Jahrzehnten für die Menschen in Bonn anbietet, sind die Ängste bereits akut. „Es geht zwar jetzt gerade noch um die Abrechnungen für 2021“, sagt von Grünberg, „der große Hammer kommt ja erst noch“. In die Sprechstunden von ihm kann kommen, wer will – mit allen Sorgen und Problemen, die ihn oder sie bedrücken. (Warum Bernhard von Grünberg in Bonn eigentlich nur „Felix“ genannt wird)

Miete, Heizung, Lebensmittel: Angst vor der Zukunft

Doch schon jetzt sorgen vor allem bedürftige Menschen sich um ihre Zukunft: Sie fürchten, dass sie die steigenden Kosten nicht mehr zahlen können, dass sie ihre Wohnung verlieren. Ängste vor steigenden Mieten und Nebenkosten für Heizung und Strom, die steigenden Lebensmittelkosten – das führt zu katastrophalen Situationen, wie von Grünberg berichtet. „Es kann jeder lesen, wie die Preise steigen.“

Große Ratschläge hat Felix von Grünberg für diese Menschen nicht parat. „Die meisten können nichts mehr sparen.“ Er kann den Menschen nur raten, so viel wie möglich zurückzulegen für die kommende Abrechnung von Heizkosten. Wovon er allerdings abrät: Abschlagszahlungen sollten nicht erhöht werden. Das würden Vermieter*innen zwar gerne sehen, weil damit das Risiko auf deren Seite sinkt. „Dann müssen sie nämlich im Zweifel nichts vorstrecken“, meint von Grünberg. Das Problem der steigenden Kosten würde damit nicht gelöst werden.

Das liegt für den Sozialdemokraten vor allem in dem Berechnungssystem der derzeitigen Transferleistungen begründet. Die Berechnung der durchschnittlichen Energiekosten würde schon lange nicht mehr der Realität bei vielen Menschen entsprechen. Die Rentnerin, die in einer schlecht isolierten Wohnung lebt und den ganzen Tag im Winter heizen muss, würde außerdem mehr verbrauchen als die Person, die tagsüber einer Arbeit nachgeht, in einer neueren Wohnung lebt und nur zeitweise die eigenen vier Wände heizen muss. Für beide werde aber der selbe Durchschnitt veranschlagt. „Und den höheren Bedarf nachzuweisen ist sehr sehr schwer“, so von Grünberg.

Von Grünberg: „Das Problem existiert jetzt!“

Er hofft deswegen, dass die Transferzahlungen möglichts bald angehoben werden. „Denn das Problem existiert jetzt! Es muss jetzt schnell gehandelt werden.“ Und das Bürgergeld müsse jetzt auch wirklich kommen.

Hubertus Heil hatte am Freitag im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) angekündigt, dass die Hartz-4-Regelsätze deutlich steigen sollen – zu Beginn des kommenden Jahres. „Unser Sozialstaat muss dafür sorgen, dass Menschen, die keine finanziellen Rücklagen haben, auch über die Runden kommen können“, so Heil beim RND. Auch die Berechnung der Regelsätze will er demnach verändern. „Der bisherige Mechanismus hinkt der Preisentwicklung zu sehr hinterher“, gab er zu.

Außerdem versprach der Arbeits- und Sozialminister, ebenso wie anderen Sozialdemokrat*innen in den vergangenen Tagen, gezielte, zusätzliche Entlastungen für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen, auch für Rentner*innen. Wann ein mögliches drittes Entlastungspaket kommen könnte – und mit welchen Maßnahmen – ist allerdings noch unklar.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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