Heiko Maas: So bekommen Verbraucher ihr Recht
Der „mündige Verbraucher“ ist ein schönes Ideal: Kritisch und informiert entscheidet er stets zu seinem eigenen Besten. Leider sieht die Realität häufig anders aus, denn wer liest schon seitenlang das Kleingedruckte? Außerdem hat man häufig keine echte Wahlfreiheit. Oder glaubt wirklich jemand, es sei die Entscheidung mündiger Mieter gewesen, dass bislang sie den Makler bei der Wohnungssuche bezahlt haben? Das Ideal vom „mündigen Verbraucher“ war viel zu oft ein Vorwand für verbraucherpolitische Tatenlosigkeit. Wir haben endlich mehr Realismus in die Politik gebracht und dafür gesorgt, dass Verbraucher künftig besser geschützt sind.
Verbraucherschutz konkret: Die Mietpreisbremse
Zum Beispiel beim Thema Wohnen. Bei Maklerkosten haben wir das Bestellerprinzip eingeführt. Wer einen Makler bestellt, der muss ihn auch bezahlen. Das hat Millionen Wohnungssuchende von den Maklergebühren entlastet. Außerdem haben wir die Mietpreisbremse eingeführt. Bei der Neuvermietung einer Wohnung ist die Erhöhung der Miete jetzt gedeckelt, damit das Wohnen auch in begehrten Lagen bezahlbar bleibt. Wenn es dabei wirklich Rechtsbruch im größeren Stil gibt, dann werden wir darauf drängen, ins Gesetz zu schreiben, was die Union bisher blockiert hat: nämlich eine Pflicht des Vermieters, die Vormiete automatisch offenzulegen und einen Anspruch des Mieters, die zu viel gezahlte Miete rückwirkend bis zum Vertragsschluss zurückzubekommen.
Auch beim Thema Finanzen haben wir viel für Verbraucher getan. Mit dem „Girokonto für jedermann“ haben wir dafür gesorgt, dass jeder am bargeldlosen Leben teilhaben kann. Außerdem schützen wir Bankkunden vor der Schuldenfalle „Dispo“. Jede Bank muss offenlegen, wie hoch bei ihr die Überziehungszinsen sind, und wer zu tief in den Dispo gerät, dem muss die Bank eine Beratung anbieten und ihn über günstigere Umschuldungen informieren.
Besserer Schutz für Bankkunden
Mehr Verbraucherschutz haben wir auch bei der Geldanlage geschaffen. In Zeiten von negativen Zinsen suchen auch Normalverdiener nach Möglichkeiten, ihr Erspartes gut anzulegen.
Mit dem Kleinanleger-Schutzgesetz haben wir den Grauen Kapitalmarkt reguliert und den Schutz vor unseriösen und intransparenten Finanzprodukten verbessert. Dazu hat die Aufsichtsbehörde BAFin mehr Befugnisse bekommen, gegen schwarze Schafe kann sie Vertriebsverbote verhängen und Sanktionen öffentlich bekannt machen.
Auf den Finanzmärkten und in der digitalen Welt stehen Verbraucherinnen und Verbrauchern oft mächtigen Akteuren gegenüber – Großbanken und Internet-Giganten. Um hier für mehr Waffengleichheit zu sorgen, haben wir die Verbraucherzentralen zu „Marktwächtern“ weiterentwickelt. Weil sie die Probleme aus ihrer Beratungspraxis bestens kennen, können sie bei Fehlentwicklungen schnell Alarm schlagen.
Nicht allein gegen Internet-Giganten
Verbraucherorganisationen stehen den Menschen jetzt auch zur Seite, wenn es um den Datenschutz geht. Wenn bislang ein App-Anbieter die persönlichen Daten seiner Kunden rechtwidrig abgegriffen hat, standen Verbraucher allein da. Aber wer nimmt es schon auf sich, als Einzelner gegen einen Internet-Giganten vor Gericht zu ziehen? Um hier Verbraucher besser zu schützen, haben Verbraucherorganisationen jetzt das Recht, Unternehmen zu verklagen, wenn diese den Datenschutz nicht beachten.
Handy- und Internetnutzer profitieren auch von unserem Engagement in Brüssel. Die neue Datenschutz-Grundverordnung der EU enthält etwa das „Recht auf Vergessenwerden“, damit kleine und große Sünden nicht ewig im Netz bleiben und zur Belastung werden. Außerdem ist es künftig mit der Zustimmung zur Datennutzung in ellenlangen „Geschäftsbedingungen“ nicht mehr getan, die Anforderungen an die Einwilligung werden verschärft. Eine andere Maßnahme wird sich in den Telefonrechnungen von allen bemerkbar machen, die viel reisen und viel telefonieren: Roaming-Gebühren wird es innerhalb der EU künftig nicht mehr geben.
Pflege-TÜV wird noch kritischer
Gesundheit und Pflege lassen wir Deutschen uns immer mehr kosten, auch weil unsere Gesellschaft immer älter wird. „Individuelle Gesundheitsleistungen“ (IGel) sind oft kostspielig, aber nicht immer gut. Um Verbrauchern hier mehr Orientierung zu geben, haben wir zusammen mit den Verbraucherzentralen die Plattform www.igel-aerger.de eingerichtet, und bei Pflegeleistungen arbeiten wir daran, den Pflege-TÜV noch kritischer zu machen, damit Pflegeeinrichtungen besser vergleichbar sind.
In vielen Bereichen haben wir den Schutz und die Rechte der Verbraucher verbessert. Aber man muss seine Rechte auch einfordern können. Am 1. April hat die neue Verbraucherschlichtung ihre -Arbeit aufgenommen. Überall werden jetzt Schlichtungsstellen entstehen. Sie bieten Verbraucherinnen und Verbrauchern einen einfachen und risikolosen Weg, ihre Rechte gegenüber Unternehmen durchzusetzen. Ohne den Aufwand und die Kosten eines Gerichtsprozesses können sie künftig schnell und einfach zu ihrem Recht kommen. Damit gehören „Recht haben“ und „Recht bekommen“ künftig ebenso zusammen wie Justiz und Verbraucherschutz.