Inland

Heikle Debatte ums Gas

von Maicke Mackerodt · 27. September 2012

Wie gefährlich ist die in Deutschland nicht zugelassene Erdgasgewinnung mithilfe der umstrittenen Fracking-Methode? Hierbei werden Flüssigkeiten tief in die Erde gepresst, um dort Gas zu gewinnen. Als im Oktober 2010 Deutschlands größter Gasförderer Exxon mobil in Nordrhein-Westfalen mit Probebohrungen begann, regte sich erster Widerstand bei den Bürgern. Die Landesregierung NRW verhängte 2010 ein Moratorium über diese Methode und gab eine eigene, unabhängige Risiko-Studie in Auftrag, die demnächst veröffentlicht wird. Mit der Sicherheits- und Umweltverträglichkeits-Frage hat sich auch ein so genannter „Neutraler Expertenkreis“ im Auftrag des Energiekonzerns Exxon Mobil befasst. Dass sich das beträchtliche Budget für Deutschlands größten Gasförderer lohnt, daran ist auch der hohe Ölpreis schuld.

Der US-Konzern weiß, dass vor allem Bundesländer im Norden und Osten über Erdgasressourcen verfügen. Allerdings gibt es dort kein konventionelles Erdgas, das in Blasen lagert, sondern Schiefergas oder „unkonventionelles Gas“, das schwer zugänglich tief unter der Erdoberfläche steckt. Mit der Technik „Hydraulic Fracturing“, kurz „Fracking“,  werden unter Hochdruck große Mengen Wasser, Chemikalien und Sand hunderte von Metern tief durch ein Bohrloch gepresst. Bricht das Gestein auf, wird Gas in den Poren frei. Das klingt brachial, ist es offenbar auch. Was passiert mit dem Abwasser, das mit krebserregenden oder radioaktiven Stoffen belastet ist? Weil die eingesetzten Chemikalien in den Untergrund gelangen, sind Folgen vor allem für die Trinkwasserversorgung nicht absehbar. 

Auch eine Ökotoxikologin der Exxon- Mobil-Studie kritisierte eine „fundamentale Lücke“ bei der Identifizierung von Chemikalien. „Wir haben einige Kröten zu schlucken, werden unsere Hausaufgaben machen“, verspricht Exxon-Mobil-Deutschlandchef Gernot Kalkoffen.
Mit der eigenen Studie wollte Exxon Mobil Akzeptanz schaffen. 38 Wissenschaftler hatten sich 2011 ein Jahr lang im „offenen Dialog“ mit betroffenen Bürgern, Behörden und Kommunen mit der Fracking-Methode beschäftigt. Fazit der Geologen, Chemiker, Toxikologen, Juristen und Gewässerforscher, die nach eigenen Angaben nie zuvor für diese Industrie gearbeitet hatten: Sie halten die Technik – mit entsprechenden Auflagen – „für kontrollierbar“. 

Es gibt aber auch Kritik an der von Exxon beauftragten Expertenrunde: „Das war kein Dialog mit offenem Ergebnis“, so Verbraucherschützer Jörn Krüger. „Es stand von Anfang an fest, Fracking wird auf jeden Fall durchgeführt. Probebohrungen werden stattfinden. Wäre der Dialog wirklich offen, hätte sich Exxon mobil an der unabhängigen NRW-Risiko-Studie beteiligt.“ 

Die von Exxon Mobil beauftragten Experten plädieren für zwei Pilotprojekte, in denen das Erdgas unter Beteiligung der Öffentlichkeit und kontrolliert von Experten probeweise gefördert werden soll. Niedersachsen und NRW haben sich allerdings gegen solche Pilotprojekte ausgesprochen. Reaktionen anderer Bundesländer stehen bislang noch aus. 

Die SPD wäre sofort bereit, ein bundesweites mehrjähriges Moratorium im Deutschen Bundestag zu beschließen. Union und FDP lehnen bisher im Bundestag strengere Umweltauflagen für die umstrittene Gasbohrung ab. 

Auf Bundesebene sollen die Weichen für ein neues Bundesbergrecht gestellt werden. Dadurch sollen die Öffentlichkeitsbeteiligung und eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor jeder Fracking-Maßnahme verpflichtend werden.

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Maicke Mackerodt

ist Journalistin, Audio-Biographin und Coach. Sie lebt in Köln.

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