Inland

Hartz IV vor Gericht

von ohne Autor · 2. Oktober 2007
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SPD-Generalsekretär Hubertus Heil kündigte am Montag nach einer Sitzung des Parteipräsidiums an, dass auf Betreiben von Kurt Beck der "respektable Vorschlag" des DGB zum Arbeitslosengeld geprüft werde. Der Gewerkschaftsbund schlägt vor, dass Arbeitslose über 45 Jahren unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 15 Monate Arbeitslosengeld (ALG) I erhalten. Zurzeit beziehen sie dies bis zu zwölf Monate. Über 50-jährige würden nach dem Modell bis zu 18 Monate und über 55 Jahre alte Erwerbslose bis zu 24 Monate ALG I beziehen. Voraussetzung ist, dass sie zuvor mindestens 30 bis 42 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sind.

Kritik an dem Vorschlag kam von Vizekanzler und Arbeitsminister Franz Müntefering. Während der Präsidiumssitzung machte er deutlich, dass er die Initiative für längere Zahlungen des Arbeitslosengelds für falsch halte. Müntefering rief die SPD auf, am Reformkurs festzuhalten. Unterstützung bekam er von Altkanzler Gerhard Schröder. Er riet seiner Partei, "an der Substanz der Agenda 2010 festzuhalten". Ex-Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement kritisierte, eine Verlängerung der Bezugsdauer des ALG I sei "die Abkehr vom Prinzip der Rente mit 67 und würde den Trend zum Vorruhestand verstärken".

Rückendeckung erhält Parteichef Beck unterdessen aus der Justiz. Nach Ansicht des Berliner Sozialgerichts ist die Kürzung der Bezugsdauer von ALG I verfassungswidrig. Es legte den Karlsruher Verfassungsrichtern zwei Musterfälle zur Prüfung vor. Die Berliner kritisieren vor allem, dass "die drastische Kürzung der Anspruchsdauer" durch eine längere Übergangsfrist hätte abgefedert werden müssen. Nach Auffassung des Gerichts ist der durch die Beitragszahlungen erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld durch das Grundrecht auf Eigentum geschützt.

Beim Berliner Sozialgericht, dem größten Sozialgericht Deutschlands, sind seit den Hartz-IV-Reformen vor zweieinhalb Jahren insgesamt 30 000 Verfahren eingegangen. Sie machen inzwischen knapp zwei Drittel aller Fälle aus, die dieses Gericht zu bearbeiten hat.



Quellen: Tagesspiegel, SZ, FAZ, Die Welt, Handelsblatt

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