Hamburg-Wahl: SPD gewinnt deutlich vor den Grünen
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Als am Sonntag um kurz nach sechs die erste Prognose der Hamburger Bürgerschaftswahl über die Fernseher flimmert, schallen „Nazis raus“-Rufe durch die „Markthalle“. Die Hamburger SPD veranstaltet hier ihre Wahlparty. Der Grund für die Rufe: Mit 4,7 Prozent scheinen die Rechtspopulisten nach der ersten Prognose den Wiedereinzug in die Hamburger Bürgerschaft zu verpassen.
Tschentscher zieht die SPD nach vorn
Das ändert sich im Laufe des Abends zwar noch – am Ende liegt die AfD bei 5,3 Prozent – doch auch das Ergebnis der eigenen Partei ist für die Hamburger SPD am Sonntag ein Grund zur Freude. Mit 39,0 Prozent siegen die Sozialdemokrat*innen und liegen deutlich vor den Grünen. Der bisherige Koalitionspartner erhält 24,2 Prozent der Stimmen. Anfang des Jahres hatten beide Parteien in Umfragen noch Kopf an Kopf gelegen.
„Wer hätte uns so ein Ergebnis im Januar zugetraut?“, fragt so auch eine höchst zufriedene Hamburger SPD-Vorsitzende Melanie Leonhard auf der Wahlparty in der „Markthalle“. Dass die Sozialdemokrat*innen am Ende mit einem derart großen Vorsprung durchs Ziel gehen konnten, liegt wohl zu einem großen Teil an Peter Tschentscher. 40 Prozent der Wähler*innen gaben an, ihre Entscheidung für die SPD vom Spitzenkandidaten und Ersten Bürgermeister abhängig gemacht zu haben.
Tschentscher will zuerst mit Grünen reden
„Als wir uns vor zwei Jahren neu aufgestellt haben, war all das nicht selbstverständlich“, sagt Tschentscher in einer ersten Reaktion auf der Wahlparty. In bundespolitisch bewegten Zeiten mit dem Streit zwischen CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik und dem Rücktritt von SPD-Chefin Andrea Nahles habe die Hamburger SPD ihren Wahlkampf geplant. „Trotz aller Widrigkeiten haben wir Sozialdemokraten unsere Arbeit im Wahlkampf gemacht.“
Peter Tschentscher will nun als erstes mit den Grünen über die Fortsetzung der rot-grünen Koalition sprechen. In der Bürgerschaft hätten sie zusammen eine komfortable Mehrheit von 86 Sitzen. Rechnerisch wäre auch ein Bündnis mit der CDU denkbar. Die Christdemokrat*innen stürzten allerdings auf 11,2 Prozent ab, würden sich nach Aussage ihre Spitzenkandidaten Marcus Weinberg Gesprächen aber nicht verschließen.
Auch ein Bündnis zwischen SPD und Linkspartei wäre rechnerisch möglich. Letztere holte 9,1 Prozent der Stimmen. Um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen muss die FDP. Sie erhielt in ersten Hochrechnungen 5,0 Prozent der Stimmen. Aufgrund des komplizierten Hamburger Wahlsystems mit zehn zu vergebenden Stimmen wird mit einem vorläufigen Endergebnis erst im Laufe der Nacht gerechnet.
Scholz hofft auf „Push“ für die Bundespartei
Äußerst zufrieden zeigte sich auch die Bundesspitze der SPD mit dem Ausgang der Bürgerschaftswahl. Von einem „überwältigenden Ergebnis“ für die Hamburger Genoss*innen der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans. Die „sozialdemokratische Regierungspolitik nah am Menschen“ sei ebenso honoriert worden wie der „klare Kompass“ der Bundespartei.
„Die Hamburger SPD ist Volkspartei. Das ist auch das Konzept, das die Bundespartei verfolgt“, sagte Vizekanzler und Tschentschers Vorgänger als Bürgermeister Olaf Scholz. Die Hamburg-Wahl zeige, dass die SPD bereit sein müsse, „um die Führung zu kämpfen“. Deshalb hoffe er, dass die Bürgerschaftswahl „ein Push für die gesamte SPD ist“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.