Bereits ab kommendem Schuljahr gibt es in Hamburg keine Hauptschule mehr. Einstimmig beschloss die Bürgerschaft, ab 2009/2010 keine Hauptchulklassen mehr einzurichten und die Kinder künftig
zusammen mit den Realschülern zu unterrichten. Die schwarz-grüne Koalition hat sich auf einen Kompromiss geeinigt, wonach das Schulsystem bis zum Schuljahr 2010/2011 zu einem aus Primarschulen,
sog. Stadtteilschulen und Gymnasien umgebaut wird. In den Stadtteilschulklassen sollen durchschnittlich 21 Schüler sitzen, 1,5 weniger als in den bisherigen Realschulen und 1,5 mehr als in
Hauptschulklassen. Die Stadtteilschulen sollen nach 13 Jahren zum Abitur führen. Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL): "Natürlich werden nicht alle Schüler der Stadtteilschule Abitur machen."
Wichtig sei aber, dass allen der Weg dazu offen stehe.
Die Hamburger Politik zog damit Konsequenzen aus den Aussagen einer Enquete zur Reform des Hamburger Bildungssystems, die bereits 2007 festgestellt hatte, die Hauptschule sei in der
Hansestadt zu einer "Restschule" geworden, in der schwierige soziale Milieus geballt aufträten., Dies verringere die Motivation der Schüler, deren Potenzial nicht ausgeschöpft werde und deren
Berufschancen gering seien. Bereits seit den 90er Jahren lief ein Modellversuch Integrierte Haupt- und Realschule (IHR), der von den Modellschulen sehr positiv beurteilt worden war. In Hamburg sind
derzeit von rd. 400 Schulen noch 51 Haupt- und Realschulen mit knapp 15 000 der 183 000 Schülerinnen und Schüler (rd. 15 Prozent). Von diesen 51 sind ganze 26 reine Hauptschulen.
Die Hamburger Entscheidung beflügelt die Gegner der Hauptschule: So sieht der Dortmuner Bildungsforscher Ernst Rösner Hamburg "als Vorreiter für Flächenländer wie Baden-Württemberg." Jörg
Tauss, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sieht "diejenigen unter Druck geraten, die krampfhaft an der Hauptschule festhalten wollen." Zuvor hatten bereits das
SPD-alleinregierte Rheinland-Pfalz und die große Koalition in Schleswig-Holstein das Aus für die Hauptschule beschlossen: Im hohen Norden gehen kommendes Schuljahr die ersten 35 Haupt- und
Realschulen an den Start. Ab 2011 soll es stattdessen nur noch sog. Regionalschulen geben. Bayern und Niedersachsen verteidigen eisern die Hauptschule, obwohl z.B. in Bayern wegen fehlender
Anmeldungen rd. 400 von 1 000 Hauptschulen gefährdet sind. Laut Bayerischen Elternverband geht auch hier der Trend zur Regionalschule.
Quellen: die tageszeitung und dpa vom 10. Juli, Schleswig-Holstein-Zeitung vom 9. juli,
war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.