Inland

Hagen verliert Zinswettenprozess gegen Deutsche Bank

von Stefan Grönebaum · 16. Juli 2008

Rund 200 deutsche Städte, so schätzen Finanzinsider, haben bei riskanten Geldgeschäften Millionen Euro verloren, viele mit "Spread-Leader-Swapps", bei denen es um Wetten auf den Abstand zwischen kurz- und langfristigen Krediten geht. Das westfälische Hagen ist mit rd. 880 Millionen Euro hoch verschuldet. Seine Kämmerin hatte sich daher 2005 auf ein sog. Zinswettengeschäft mit der Deutschen Bank eingelassen. Als rd. 50 Millionen Euro verloren gingen, klagte die Stadt auf Schadenersatz wegen mangelnder Beratung durch die Bank.

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wies diese Klage heute ab und erklärte, "die konkrete Beratung seitens der Bank gegenüber der Stadt war ausreichend" - so Richterin Sabine Hahn. Die Stadt sei erfahren in Derivatgeschäften und habe die Risiken einschätzen können, auch seien diese nicht durch die Bankberater verharmlost worden. Nur die städtische Immobilientochter GIV hätte weniger Erfahrungen gehabt und sei daher zu gering beraten worden. Daher muss die Deutsche Bank der GIV eine Million Euro zahlen. Die 50 Millionen Euro der Stadt sind aber auf immer verloren.

Dabei zeigte der Prozess die Sorglosigkeit vieler Kämmerer: Ein Buchhalter der Hagener Kämmerei sagte laut Medienberichten aus, er habe ein Geschäft über zehn Millionen Euro mit zwei Telefonaten und einer e-Mail besiegelt. Gisela Färber, Professorin der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, sieht in den Zinswettgeschäften " Milchmädchen-Rechnungen von Kommunen, die mit dem Rücken zur Wand stehen." Häufig seien die Kämmerer überfordert, die Banken hätten aber auch vielfach ihre Informations- und Risikofilterungsfunktion verfehlt. Viele der Konflikte werden außergerichtlich geregelt. Während sich der Anwalt der Deutschen Bank zufrieden äußerte, prüft die Stadt Hagen, ob sie das Urteil vor dem OLG Düsseldorf anfechten wird.

Ende März diesen Jahres hatte das Landgericht Würzburg die Bank verurteilt, dem städtischen Versorger knapp eine Million Euro zu überweisen. Dagegen legte die Deutsche Bank Berufung beim OLG Bamberg ein. Ein weiterer Prozess findet am 22. August zwischen der Stadt Ravensburg sowie dem Abwasserzeckverband Mariatal und der Deutschen Bank vor dem Landgericht Ulm statt, wenn es nicht vorher zu einer Einigung kommt. Er, der Würzberger oder der Hagener Fall könnte am Ende beim Bundesgerichtshof (BGH) landen.

Quellen: Frankfurter Rundschau vom 16. Juli, www.faz.net, www.derwesten.de, www.szon.de

Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

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