Künftig wird es ein zentrales Ziel der Arbeitsmarktpolitik sein, das Konzept und die Bedingungen für eine "Gute Arbeit" zu realisieren. Dazu gehören faire und gerechte Entlohungen sowie ein
gesetzlicher Mindestlohn für Arbeitnehmer. Im Vordergrund steht dabei zugleich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Denn eine vorausschauende Arbeitsmarktpolitik sollte sich auf die
Verwirklichung von Chancengleichheit in der Berufswelt, die Teilhabe am wirtschaftlichen Aufschwung und die Stärkung der Arbeitnehmerrechte konzentrieren.
Wie dieses Vorhaben und das Konzept der "Guten Arbeit" umgesetzt werden können, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten und welche Perspektiven sich für die Arbeitsmarktpolitik ergeben,
diskutierten Olaf Scholz, Bundesminister für Arbeit und Soziales sowie Prof. Dr. Jutta Allmendinger, Direktorin des Wissenschaftszentrums Berlin unter der Moderation von Prof. Dr. Thomas Meyer,
Chefredakteur der "Neuen Gesellschaft/ Frankfurter Hefte" in der FES Berlin.
Vollbeschäftigung für alle?
Ziel einer demokratischen Marktwirtschaft sei die Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenzahl unter drei Millionen sei eine positive Entwicklung, die sich jedoch im nächsten Jahr so nicht
halten ließe, betonte Scholz eingangs. Es gäbe unter den drei Millionen Arbeitslosen noch immer zirka 500 000 Personen mit Migrationshintergrund, die keinen Schulabschluss haben. Dieser Gruppe
könne auch bei einem Konjunkturaufschwung kaum geholfen werden, so Scholz weiter.
Vollbeschäftigung von Akademikern hingegen sei kein Problem. Gut Gebildete nutzten wesentlich häufiger Weiterbildungsmöglichkeiten. Die Tatsache, dass sich eine hohe Bildung sozial weiter
vererbe, wirke Arbeitslosigkeit hier schon entgegen. Gering Gebildete machten weniger Gebrauch von der Chance auf zusätzliche Qualifikationen. In vielen Fällen sei deren Arbeitslosigkeit eine
vererbte, gab Allmendinger zu verstehen.
Wie sieht "Gute Arbeit" in der Zukunft aus?
In Deutschland werden in Zukunft qualifizierte Arbeitnehmer mit einem Berufsabschluss benötigt. Für Unqualifizierte gebe es auf Dauer weniger Arbeit. Ein guter Schulabschluss verbessere
auch künftig die Aussichten auf eine gute Arbeit. Genau hier sei die Bildungspolitik gefordert, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, betonte Scholz. Auch frühkindliche Bildung sei sinnvolle
Präventions- und Sozialpolitik, ergänzte Allemdinger.
"Gute Arbeit" sei zudem nicht nur wichtig, um Geld zu verdienen oder eine berufliche Perspektive im Leben zu haben. Arbeit müsse Spaß machen und das Selbstbewusstsein des Arbeitnehmers
aufbauen. Denn Respekt und Anerkennung von Kollegen oder Chefs für die erbrachte Leistung diene auch der Selbstbestätigung, so Allmendinger. Intransparenz bei der Arbeit hingegen wirke sich
gegenteilig aus. Bestes Beispiel hierfür seien die Lohndifferenzen zwischen Frauen und Männern. Diese führten zu Gerechtigkeitsverlust und dem Gefühl mangelnder Anerkennung, führte Allmendinger
weiter aus.
Über die Chancengleichheit hinaus gehörten Zeitsouveränität, wie genügend Freizeit, Zeit für Kindererziehung und eventuelle Auszeiten, sowie altersgerechte Arbeit zum Konzept der "Guten
Arbeit". Arbeit solle ein angenehmer Bestandteil des Lebens sein und sich natürlich lohnen, so Scholz.
Weiter mit Weiterbildung!
In ein paar Jahren würden 30 bis 40 Prozent Akademiker benötigt, lautet die Prognose des Bundesarbeitsministers. Davon sei man heute noch weit entfernt. Er verwies auf die Schweiz, wo es
längst möglich sei, an einer Berufsschule die Fachhochschulreife zu erlangen, um im Anschluss ein Ingenieursstudium zu beginnen.
Eine Ausbildung reiche im Leben nicht aus. Sei dochWissen gerade in der heutigen Zeit sehr kurzlebig. Deshalb gehörten Weiterbildungen einfach dazu, so Allmendinger abschließend.
Während der Diskussionsrunde herrschte weitestgehend Einigkeit über das Konzept "Gute Arbeit" und wie es in Zukunft aussehen soll. Bessere Bildungsmöglichkeiten dürften nicht an bestimmte
Altersvorgaben gebunden sein, wie z.B. bei der Vergabe von Stipendien oder BAföG. Es müsste jedem offen stehen, sich weiterzubilden und auch staatlich finanzierte Unterstützung in Anspruch nehmen
zu können. Denn wer auch in Zukunft beruflich fit sein will, kommt an Weiterbildungen und Zusatzqualifikationen nicht vorbei.
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