Güstrow: SPD-Vertreter fühlt sich trotz Attacken „sehr sicher“
Herr da Cuhna, angesichts des jüngsten Anschlags: Wie gefährlich lebt man als engagierter Demokrat in Güstrow?
Ich fühle mich hier immer noch sehr sicher. Es gibt natürlich immer Leute, die nicht der eigenen Meinung sind, damit muss man mit umgehen können. Wir haben eine sehr kompetente Polizei vor Ort, der vertraue ich.
Rechte Gewalt entsteht vor allem dort, wo Gegenwehr gering ist, sich die Täter sicher fühlen. Ist das in Güstrow der Fall?
Als engagierter Demokrat habe ich nicht das Gefühl, dass die Mehrheit der Güstrower auf mich eindrischt oder mich auf der Straße doof anmacht. Es ist immer noch sicher. Der feige Anschlag auf einen Briefkasten in der Nacht ist das Werk einzelner, die leider nicht mit Worten sondern Taten handeln. Die Mehrheit lehnt das ab.
Es ist also eine kleine Minderheit, die das Image einer Kleinstadt ruiniert?
Ich sehe das so, ja. Generell muss man aber ganz klar sagen, dass die Hemmschwelle in Bezug auf Straftaten in Teilen der Bevölkerung zu sinken scheint. Das liegt auch daran, dass sich rechte Kreise unterstützt sehen von einem Teil der Bevölkerung, der offenbar existenzielle Ängste mit dem Thema Flüchtlinge verbindet. Wir haben hier so viele tolle Initiativen und Vereine, die sich im sozialen und integrativen Bereich engagieren. Da ist es schade, wenn deren Arbeit durch solch ein Image überschattet wird.
Wie haben die Menschen in Güstrow auf den jüngsten Angriff reagiert?
Ich habe sehr viel Solidarität erfahren. Viele haben schon die Aktion mit den heruntergerissenen Plakaten verurteilt, gesagt, dass das nicht sein kann. Viele können sich das auch einfach gar nicht vorstellen, dass das hier zum Alltag gehören soll. Dass eine stillschweigende Mehrheit auf Seiten der Angreifer gäbe, das Gefühl habe ich nicht.
Dennoch sollen Angriffe wie dieser einschüchtern, Engagierten zeigen, dass sie beobachtet werden. Hat diese Strategie Erfolg?
Ich habe noch von niemanden gehört, der sich aufgrund von Angriffen oder Bedrohungen hat einschüchtern lassen. Eher das Gegenteil ist der Fall, die Leute sagen sich ‚Jetzt erst recht’ und sind weiter aktiv dabei, oder fangen an genauer hinzuschauen.
Wie kann die Politik Engagierten und Helfern vor Ort den Rücken stärken?
Die Debatte zum Thema Flüchtlinge muss mit Argumenten geführt werden. Uns werden derzeit viele Argumente entgegengehalten, warum der aktuelle Kurs in der Asylpolitik falsch ist und angeblich unserer eigenen Bevölkerung schadet. An dieser Stelle werden den Leuten vor Ort zu wenige glaubhafte Argumente geliefert. Debatten müssen mit Hintergrund und stichhaltigen Argumenten geführt werden. Der Slogan ‚Wir schaffen das’ reicht da nicht aus.
Was kann und muss der Rechtsstaat tun?
Ein Problem ist, dass gerade Fälle von Sachbeschädigungen relativ häufig eingestellt werden. Bei den Tätern entsteht der Eindruck: Wir können hier machen was wird wollen. Bestes Beispiel ist der örtliche NPD-Stadtvertreter. Rechtskräftig verurteilt, läuft er grinsend an mir vorbei. Da wünsche ich mir mehr Entschlossenheit seitens der Justiz.