Inland

Grund zu lächeln

von Uwe Knüpfer · 7. Mai 2012

Torsten Albig fiel es schwer, gestern Abend ein Siegerlächeln aufzusetzen. Dabei hat er allen Grund dazu. Schleswig-Holstein wird künftig wieder sozialdemokratisch regiert. Torsten Albig wird Ministerpräsident. Schwarzgelb hat eine weitere Schlappe erlitten - Angela Merkels plötzlich entdeckte Liebe zum hohen Norden ist schon in der Wahlnacht  erkaltet.

Albig war am Wahlabend zeitweise Opfer eines doppelten Missverständnisses.

Missverständnis eins teilte er mit der Mehrzahl der Fernsehreporter: Erfolg oder Misserfolg bei einer Wahl daran zu messen, wie zuvor die Umfragen ausgesehen haben. Dabei zählt am Ende immer nur eins: Der Unterschied zwischen dem Wahlresultat und dem Ist-Zustand im Parlament. In Schleswig-Holstein schrumpft Schwarzgelb zusammen, Rotgrün hat einen Sprung nach vorn getan. Basta.

Missverständnis Nummer Zwei: Torsten Albig schlug bei seinem kurzen, aber intensiven Wahlkampf quer durchs Land viel Sympathie entgegen. So ein Erlebnis hat berauschende Wirkung, verleiht Wahlkämpfern Flügel. Doch es verführt auch zum Tunnelblick. Selbst  der beste Kämpfer kann am Ende nicht jedem Wähler persönlich begegnet sein.

Die SPD in Schleswig-Holstein hat harte Zeiten hinter sich. Die Nicht-Wiederwahl von Heide Simonis hat Narben hinterlassen, nicht nur bei der einst so erfolgreichen Ministerpräsidentin selbst. Die Zeit in Opposition und großer Koalition war nicht geeignet, dem einst so kraftvollen Landesverband zu altem Selbstbewusstsein zurückzuverhelfen.

Erst Torsten Albig hat die SPD im Norden wieder auf den Erfolgsweg gebracht. Zunächst durch seine überraschende Wahl zum Oberbürgermeister in Kiel, dann durch den gepflegten demokratischen Stil seiner Auseinandersetzung mit Ralf Stegner, schließlich durch den mutigen Anspruch, den gemütlichen Herrn Carstensen als Regierungschef im Lande abzulösen.

Ja, diesen Mut hätten die Wähler noch stärker belohnen können. Aber sie haben ihn belohnt, das ist das Entscheidende. Sie haben es mit norddeutscher Bedächtigkeit getan - und sich selbst so für die nächste Wahl noch Luft nach oben gelassen.

Autor*in
Uwe Knüpfer

war bis 2012 Chefredakteur des vorwärts.

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