GroKo: Diese drei Themen stehen auf der Agenda
Der Kontrast zum geschäftigen Berliner Regierungsviertel hätte im beschaulichen Murnau größer nicht sein können: Vor wenigen Tagen haben sich Politiker von Union und SPD in Berlin noch an vielen Stellen gestritten. Immer wieder keimten heftige Diskussionen zwischen den Regierungsparteien auf, etwa bei den Themen Abschiebung, Islam oder Hartz IV. In Murnau war davon am Dienstag nichts mehr zu spüren, als die Fraktionsspitzen in dem oberbayerischen Urlaubsort bei strahlend blauem Himmel vor die Kameras traten.
Der „Geist von Murnau“
Die SPD-Vorsitzende und Chefin der Sozialdemokraten im Bundestag, Andrea Nahles, Unionsfraktionschef Volker Kauder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kamen gut gelaunt die Wiese vor dem Tagungshotel herunter. „Frau Nahles nehmen wir in die Mitte“, sagte Kauder mit einem Lachen. Dann beschwörten die drei Politiker den „Geist von Murnau“. Die Botschaft: Die Stimmung in der GroKo ist gut, es kann an die Arbeit gehen.
Nahles zog eine positive Bilanz der Klausurtagung. „Das Miteinander der Fraktionen von CDU/CSU und SPD war hier in Murnau sehr konstruktiv und lösungsorientiert“, betonte sie. Sollten die Regierungsparteien „in diesem Geist tatsächlich weitermachen“, rechne sie für die kommenden Monate und Jahre mit einer sehr guten Zusammenarbeit. „Das war schon ein guter Anfang“, sagte sie über das Treffen.
GroKo will Mieter entlasten
Am Montag haben die Vertreter von SPD und Union zunächst das Thema Wohnen in den Blick genommen. Sie haben sich darauf geeinigt, das im Koalitionsvertrag fest geschriebene „Baukindergeld“ zügig auf den Weg zu bringen. Demnach sollen Familien, die ein Haus bauen oder kaufen wollen, zukünftig pro Kind über einen Zeitraum von zehn Jahren 1.200 Euro vom Bund bekommen – also insgesamt 12.000 Euro.
Auch an die von der vorigen GroKo eingeführten Mietpreisbremse wollen SPD und Union in der laufenden Legislaturperiode Hand anlegen, hin zu mehr Transparenz. Dafür soll in Sachen Miethöhe eine gesetzliche Auskunftspflicht gelten. Demnach müssen bei einer Neuvermietung in Zukunft Vermieter von sich aus die Höhe der Vormiete angeben – damit nicht wie bisher der Mieter aktiv nachfragen muss. Auch sollen Mieter stärker davor geschützt werden, dass Vermieter die Kosten für Modernisierung auf sie abwälzen. Außerdem soll generell Druck aus dem Wohnungsmarkt genommen werden – durch ein staatliches Förderprogramm des Wohnungsneubaus.
Nahles: Digitalisierung kann Arbeitsplätze zurückholen
Am zweiten Tag ihrer Klausur diskutierten die Fraktionsspitzen im weiteren Sinn über die Zukunft der Arbeit – genauer: über die Veränderung der Arbeitswelt durch die Robotik. Dafür hatten die GroKo-Fraktionen Experten wie den renommierten Roboterforscher Sami Haddadin eingeladen. Die Bundesregierung dürfe Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz „nicht aus dem Blick verlieren“, betonte Nahles. Sie sei beeindruckt gewesen, wie optimistisch die Experten das Thema der Digitalisierung auch aus Sicht der Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen betrachteten, sagte die SPD-Chefin. „Wir haben hier die Möglichkeit, Arbeitsplätze zu erhalten, wir haben die Möglichkeit, neue Arbeitsplätze zu schaffen und sogar Arbeitsplätze, die ausgewandert sind oder ausgelagert wurden, wieder zurückzuholen.“ Dafür müsse aber der Wissenschaftsstandort Deutschland gestärkt und die Ausbildung im Land gefördert werden – darauf habe sie sich mit ihren Kollegen von CDU und CSU verständigt.
Außenpolitisch ging es in Murnau um das Thema Iran. Das Thema hat vor allem dadurch an Brisanz gewonnen, dass der amerikanische Präsident Donald Trump zuletzt damit gedroht hat, den von seinem Amtsvorgänger Barack Obama ausgehandelten Atom-Deal mit dem Iran aufzukündigen. Ob das tatsächlich geschehen werde, wisse jedoch niemand, sagte in Murnau Ayman Safadi, der jordanische Außenminister, den die GroKo-Fraktionen zu ihrer Klausurtagung nach Bayern eingeladen hatten. „Wir alle müssen zusammenarbeiten und sicherstellen, dass wir die Konflikte in der Region lösen“, forderte Safadi seine deutschen Gesprächspartner auf. Dass der Streit zwischen den USA und dem Iran sowie die vielen anderen Konflikte im Nahen Osten auch weiterhin die deutsche Politik beschäftigen werden, davon zeigte sich auch Nahles überzeugt. Es bestehe eine Menge Handlungsbedarf, sagte sie. „Es brodelt an allen Ecken.“
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.