Gesundheitsexperte Karl Lauterbach: „Die SPD hat deutliche Verbesserungen erreicht“
Ute Grabowsky / photothek.net
Die Bürgerversicherung war eine der Forderungen der SPD, mit der sie in die Sondierungsgespräche gegangen ist. Sie konnte sich nicht durchsetzen. Wie kam es dazu?
Karl Lauterbach: Ich hatte mit Widerstand vonseiten der Union gerechnet, aber nicht in diesem massiven Ausmaß. Die Bürgerversicherung war eines der Themen, bei denen die Union am wenigsten bereit war sich zu bewegen. Das spornt mich umso mehr an, mich für die Bürgerversicherung einzusetzen.
Wie geht es jetzt bei diesem Thema weiter?
Lauterbach: Ein wichtiger Schritt in Richtung Bürgerversicherung ist die Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung, die wir bei der Sondierung durchsetzen konnten. Sprich: Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlen die Sozialbeiträge wieder in gleicher Höhe. Das sichert, dass die gesetzliche Krankenversicherung für die Menschen bezahlbar bleibt. In der privaten Krankenversicherung explodieren hingegen momentan die Beiträge. Sie wird sich langfristig zu einem System entwickeln, das sich nur sehr wohlhabende Menschen leisten können. Die Privatversicherten werden die großen Verlierer der Kostenexplosion sein.
Wie wirkt sich die Wiedereinführung der Parität konkret auf die Menschen aus?
Lauterbach: Die Arbeitnehmer werden um einen halben Beitragssatzpunkt zur gesetzlichen Krankenversicherung entlastet, weil der bisherige Zusatzbeitrag paritätisch übernommen wird. Langfristig hat das natürlich größere Auswirkungen, schließlich steigen die Kosten in der Gesundheit – wegen des technischen Fortschritts in der Medizin und der Alterung der Bevölkerung.
Gibt es weitere positive Sondierungsergebnisse, die für die Menschen wichtig sind?
Lauterbach: Wir haben deutliche Verbesserungen auch in der Pflegeversicherung und der Krankenpflege erreicht. Dazu zählt insbesondere, dass eine Mindestanzahl an Personal in allen bettenführenden Bereichen eingeführt wird. Die damit einhergehenden Mehrkosten werden von den Krankenkassen refinanziert. Das wird die Situation in der Krankenpflege wesentlich verbessern. Außerdem sieht das Sondierungspapier ein Sofortprogramm für 8000 neue Stellen in der Altenpflege vor sowie eine Stärkung der Tarifverträge, sodass die Löhne in der Altenpflege steigen werden.
Und wie geht es jetzt mit der Bürgerversicherung weiter? Schließlich setzen Sie sich persönlich seit Jahren für sie ein.
Lauterbach: Der Kampf für die Bürgerversicherung geht weiter – keine Frage. Die Bürgerversicherung ist das von der Bevölkerung gewünschte Ende der Zwei-Klassen-Medizin, die nicht zeitgemäß ist. Die Menschen sind nicht mehr in Stände unterteilt und deswegen dürfen wir auch nicht beim Arzt in zwei Gruppen unterteilt werden. Das ist ein kaputtes System, in dem Privatversicherte überbehandelt und gesetzlich Versicherte unterbehandelt werden.