Geständnis im Mordfall Lübcke lässt Fragen offen
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Der Mord an Walter Lübcke gilt als erster rechtsextrem motivierter Mord an einem Politiker seit 1945. Gegenüber den Ermittlern gab der Täter Stephan E. nun zu, dass er den Regierungspräsidenten aus Kassel aus politischen Gründen erschossen habe.
Das Geständnis von Stephan E. sorgte für zusätzlichen Wirbel bei der ohnehin schon angesetzten Sondersitzung des Innenausschusses in Berlin. „Der Mord zeigt, wie weit der braune Terror sich in den Alltag unseres Landes gefressen hat“, sagte SPD-Obmann Burkhard Lischka im Vorfeld der Sitzung. Die jahrelange Hetze habe dazu geführt, dass irgendwann jemand zur Tat schritt, schlussfolgerte der Sozialdemokrat. Der Mord an Lübcke sei der vorläufige Höhepunkt rechtsterroristischer Attentate in Deutschland.
Lübcke hatte 2015 die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft in Kassel verteidigt. Aufgrund seiner Äußerungen dazu bekam er Morddrohungen, in rechten Kreisen wurde sein Kommentar wiederholt aufgegriffen, zeitweise stand Lübcke unter Polizeischutz.
Jüngst hatte auch die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach den Satz aufgenommen, der Hass flammte wieder auf. Deswegen machten andere Politiker Steinbach jetzt für den Mord an Lübcke mitverantwortlich.
Hessischer Innenminister in der Kritik
Ob es sich bei Stephan E. um einen Einzeltäter handelte oder es eine Gruppe von Mitwissern oder Mittätern gibt, ist derzeit noch unklar. Thorsten Schäfer-Gümbel, kommissarischer Vorsitzender der SPD, zweifelt die Einzeltätertheorie jedenfalls stark an. „Die Erfahrungen aus den NSU-Morden zeigen, dass es bei solchen Straftaten Mitwisser, Unterstützer oder Beteiligte gibt", so der hessische SPD-Politiker.
Auch deswegen forderte die Opposition im hessischen Landtag erneut eine lückenlose Aufklärung, drohte außerdem mit einem Untersuchungsausschuss, sollte Innenminister Peter Beuth keine Auskunft darüber geben, inwiefern Stephan E. im Visier der Behörden war. „Der Minister muss uns darüber Auskunft geben, wie gewaltbereit die Neonazi-Szene in Nordhessen ist“, so die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Nancy Faeser am Mittwoch.
Eine Forderung, der Beuth aus Sicht von Faeser nicht nachkam. „Wir haben einen unangemessen langen Vortrag über die Maßnahmen der Landesregierung gegen Rechtsextremismus der vergangenen Jahre erlebt“, kritisierte sie, „uns ging es aber um eine konkrete Aufklärung.“ Ihr Fazit nach der Sitzung: „Offenkundig haben die Verantwortlichen die rechtsextreme Szene in Nordhessen weiterhin unterschätzt.“
Demonstratives Lob für Ehrenamtliche und Kommunalpolitiker
Als Reaktion auf den rechten Terror hatte SPD-Außenminister Heiko Maas schon vorige Woche einen „Donnerstag der Demokratie“ vorgeschlagen, vergleichbar mit den Klima-Demonstrationen „Fridays for Future“. Deutschland habe ein Terrorproblem, so Maas mit Bezug auf den Mord an Lübcke und der NSU-Mordserie.
Deswegen will Maas genau die Menschen in den Vordergrund stellen, die sich im Alltag gegen Hass und Gewalt stellen und ihr Engagement würdigen. „Sie brauchen unseren Respekt und unsere Unterstützung – immer und diesen Tag ganz besonders“, so Maas, der damit die Zivilgesellschaft auch in sozialen Netzwerken stärken möchte.