Gesetzentwurf: So soll die Impfpflicht ab 50 aussehen
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Wie könnte eine Impfpflicht gegen das Corona-Virus aussehen? Nachdem in der vergangenen Woche der fraktionsübergreifende Gesetzentwurf für eine Impfpflicht ab 18 Jahren vorgestellt worden war, haben am Mittwoch Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP mit einem Entwurf für eine verpflichtende Impfung ab 50 Jahren nachgezogen. Die soll allerdings nur dann greifen, wenn eine verpflichtende Impfberatung für alle ab 18 Jahren die Impfquote bis Mitte September nicht deutlich erhöht.
Impfpflicht nur, wenn Impfberatung nicht wirkt
Der Gesetzentwurf sei „verhältnismäßig, angemessen und effektiv“, betonte der FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann bei einem digitalen Pressegespräch, in dem er und andere Abgeordnete den Gesetzentwurf vorstellten. Dieser sei in den vergangenen Wochen auch in Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsministerium entstanden. Trotz sinkender Infektionszahlen sei allen klar, dass die Corona-Pandemie noch nicht vorbei sei. Eine neue Welle im Herbst gilt nach Berechnungen von Experten als sicher. „Darauf müssen wir besser vorbereitet sein“, sagte Ullmann. Das sei Ziel des Gesetzwurfs.
„Mit jeder Impfung sinkt die Gefahr für neue Freiheitsbeschränkungen im Herbst“, betonte auch der FDP-Abgeordnete Konstantin Kuhle. Jede und jeder trage dafür eine Verantwortung. Deshalb setzt der Gesetzentwurf zunächst auf eine verpflichtende Impfberatung: Jede*r Bundesbürger*in ab 18 Jahren soll von seiner Krankenkasse angeschrieben und zu einer Beratung eingeladen werden. Diese soll vorrangig in einem Impfzentrum stattfinden. Möglich ist aber auch die Beratung in einer Arztpraxis. Ein Nachweis über die erfolgte Beratung sollen die Versicherten im Anschluss in einem Portal hochgeladen werden. Wer bereits geimpft oder genesen ist, kann den Nachweis hierüber hochladen.
Menschen ab 50 sollen geschützt werden
Mitte September soll dann Bilanz gezogen werden: Ist die Impfquote hoch genug, um so durch Herbst und Winter zu kommen, dass keine Überlastung des Gesundheitssystems droht, sollen keine weiteren Schritte ergriffen werden. Ist die Impfquote zu niedrig, sollen alle dauerhaft in Deutschland Lebenden ab 50 Jahren zu einer Impfung gegen das Corona-Virus verpflichtet werden. „Vorrangiges Ziel ist, eine Überlastung der Kliniken zu vermeiden“, betonte der SPD-Abgeordnete Herbert Wollmann, der selbst praktizierender Arzt ist. Als Orientierung soll das Intensivregister der „Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin“ (DIVI) dienen.
Die Impfpflicht ab 50 bezeichnete Wollmann als „das mildeste Mittel, eine Impfpflicht einzuführen“. Menschen ab diesem Alter hätten ein deutlich höheres Risiko, schwer an Covid zu erkranken. Zudem gebe es zurzeit eine noch zu große Impflücke bei den 50- bis 70-Jährigen. Gelinge es nicht, diese durch Aufklärung zu schließen, sei für sie daher eine Impfpflicht gerechtfertigt. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind gut 88 Prozent der Über-60-Jährigen doppelt geimpft. Gut 76 Prozent haben bereits eine Booster-Impfung erhalten.
„Anschlussfähig“ an andere Gesetzentwürfe
Als „Mittelweg“ bezeichnete die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta die Impfpflicht ab 50. „Wir wollen wohldosiert und mit Augenmaß vorgehen“, betonte die Fachärztin für Radiologie. Die Impfpflicht müsse auch in den Bundesländern umgesetzt werden können, in denen die Impfskepsis besonders hoch sei, erinnerte Piechotta. Dem trage der Gesetzentwurf Rechnung. Dass der Diskussionsprozess damit nicht abgeschlossen ist, betonte Konstantin Kuhle. „Wir sind offen für Ergänzungen und anschlussfähig sowohl an den Vorschlag der Union als auch der Befürworter einer Impfpflicht mit 18“, so der FDP-Abgeordnete. Der Gesetzentwurf sei „ein Gesprächsangebot an alle demokratischen Fraktionen“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.