Inland

Gesamtkonzept als Ziel: Malu Dreyer verteidigt Corona-Beschlüsse

Bund und Länder verzichteten jüngst auf neue Regeln im Kampf gegen Corona. Es fehlte die Klarheit bei den Zahlen, verteidigt Malu Dreyer, Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, im Gespräch die Entscheidung. Das Ziel sei eine langfristige Perspektive.
von Benedikt Dittrich · 17. November 2020
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz.
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz.

Nach den Aussagen am Montagabend deutet viel darauf hin, dass auch im Dezember noch mit massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu rechnen ist. Viel Handlungsspielraum gibt es aber nicht. Welche Möglichkeiten bleiben überhaupt, wenn Schulen und Kitas geöffnet bleiben sollen, Gastronomie und andere Begegnungsorte aber schon geschlossen sind?

Durch die Maßnahmen im November haben wir bundesweit die Dynamik der Neuinfektionen gebremst. Das ist gelungen, weil sich vor allem die Bevölkerung sehr besonnen zeigt. Wir verlangen den Menschen sehr viel Disziplin ab und Verzicht auf vieles, was ihnen wichtig ist. Viele Betriebe sind von den Maßnahmen wirtschaftlich hart getroffen. Bund und Länder haben milliardenschwere Hilfspakete geschnürt, um die wirtschaftlichen Härten abzufedern. Ohne Olaf Scholz wären wir niemals so unkompliziert vorangekommen. Jetzt erreichen wir mit seiner Hilfe auch die Künstler und Soloselbständigen, das war uns unglaublich wichtig.

Leider konnten wir bislang noch keine Trendumkehr erreichen; die Zahlen und Fakten geben heute noch nicht die gewünschte Klarheit, um Festlegungen für die nächsten Monate zu treffen. Daher haben sich Bund und Länder verabredet, in der nächsten Woche weitere Schritte zu beschließen, wenn absehbar ist, wie sich das Infektionsgeschehen weiter entwickelt. Dies soll Perspektiven im Rahmen eines Gesamtkonzeptes für Dezember und Januar eröffnen, um den Menschen mehr Planungssicherheit zu geben.

Ganz konkret wurden weitreichendere Maßnahmen für sogenannte „Hotspots“ angemahnt. Was kann das konkret bedeuten? Ist im Dezember mit schärferen, dafür aber regional begrenzten Lockdowns zu rechnen für Städte, Landkreise oder Bundesländer?

Die weiteren Schritte werden jetzt im Lichte des Infektionsgeschehens erarbeitet und dann nächste Woche gemeinsam beschlossen. Als Sozialdemokraten haben wir die politische Priorität gesetzt, soviel Schule in der Schule wie möglich zu machen. Wir wollen, dass alle Kinder beste Chancen haben. Bislang haben die Schulen generell den Regel-Präsenzunterricht sehr gut gestemmt. Das heißt nicht, dass wir bei steigenden Zahlen oder Hotspots nicht auch auf Hybridunterricht umstellen können, darauf sind unsere Schulen vorbereitet. Daneben werden Kontaktbeschränkungen und Testen eine Rolle spielen.

Mir ist aber wichtig zu sagen: jeder und jede Einzelne kann auch jetzt schon sehr viel tun, um zu verhindern, dass sich das Virus weiter ausbreitet. Achtsamkeit und Solidarität bleiben die wichtigste Antwort auf die Pandemie. Daher mein dringender Appell an die Bürger und Bürgerinnen, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.

In dem Beschlusspapier ist praktisch keine Rede von Corona-Schnelltests. Wären die nicht eine Möglichkeit, um Einschränkungen des öffentlichen Lebens stellenweise wieder aufzuheben?

Wir haben in einem großen Kraftakt viele Bereiche des öffentlichen Lebens geschlossen, vor allem mit dem Ziel, dass Kitas und Schulen offenbleiben können, weil wir schmerzlich erfahren haben, wie sehr viele Kinder und ihre Familien in der Zeit der Schulschließung gelitten haben. Bildung ist essenziell für die Zukunftschancen der jungen Generation. Präsenzunterricht hat eine hohe politische Priorität. Eine verlässliche Betreuung dient der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und Schulen sind in Rheinland-Pfalz bislang keine Hotspots. In Rheinland-Pfalz gibt es künftig für Kinder und Beschäftigte in rheinland-pfälzischen Kitas, Grundschulen und in der Kindertagespflege anlassbezogene Schnelltests auf das Corona-Virus. Damit geben wir den Einrichtungen und den Eltern mehr Sicherheit. Auch in Altenheimen werden Schnelltests eingesetzt, um Bewohner und Bewohnerinnen zu schützen und gleichzeitig zu verhindern, dass die Menschen dort völlig isoliert werden. Das sind aus meiner Sicht wichtige Bereiche für den sinnvollen Einsatz von Schnelltests.

Kommende Woche soll es jetzt ein Gesamtkonzept für die nächsten Wochen und Monate geben. Warum konnte das nicht schon mit Blick auf dieses Treffen ausgearbeitet werden?

Die Kontaktbeschränkungen sind seit 2. November in Kraft; frühestens nach zwei Wochen kann man an den Zahlen ablesen, ob und wie weit die Maßnahmen wirken. Wir sehen, dass die Dynamik sich abgeschwächt hat und wie schnell wir die Neuinfektionen deutlich senken können, die nächsten Tage müssen zeigen, ob dieser Trend nachhaltig ist. Wir wollen keine Salamitaktik, sondern dass die Bevölkerung eine längerfristige Planungssicherheit für den Dezember mit Weihnachten, Ferien und Silvester hinaus bekommt. Auf dieser Basis können in der nächsten Woche weitergehende Beschlüsse gefasst werden.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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