Inland

Generation Praktikum – Vom Hörsaal in die Warteschleife?

von Die Redaktion · 31. März 2006
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Auf der einen Seite stehen die Studenten, die während und nach dem Studium

Berufspraxis erhalten müssen. Auf der anderen Seite sind die Konzerne und

öffentlichen Einrichtungen, die aufgrund von "Effizienzsteigerungen" immer mehr

zum Sparen gezwungen sind. Aus diesem Zwiespalt wuchs die Tatsache, dass

es heute größtenteils nur noch unbezahlte Praktika gibt. Ein Umstand, der

besonders dann prekär ist, wenn es sich bei den Praktikanten um

Hochschulabsolventen handelt. Eine sich abwärtsdrehende Spirale kommt in

Gang, weil auf diese Weise für viele der Praktikumseinstieg nach dem Studium

der sichere Einstieg in den unbezahlten Arbeitsmarkt ist. Nach einer Studie des

HIS (Hochschul-Informations-System GmbH) konnte nur ca. die Hälfte aller

Hochschulabsolventen eine reguläre Erwerbstätigkeit aufnehmen.

Als erste Fraktion im Deutschen Bundestag machte die SPD-Fraktion diese

prekäre Arbeitssituation von Hochschulabsolventen zum Thema. Mit der

Konferenz wollte sie den politischen Handlungsbedarf und

Handlungsmöglichkeiten ausloten. Denn, was viele Betroffene nicht wissen:

Auch Praktikanten mit Hochschulabschluss haben Rechte - und

Praktikumsgeber arbeitsrechtliche Pflichten.

Zur Darlegung neuer Aspekte kam es jedoch nicht. Auch die erhoffte Diskussion

zwischen den zahlreich erschienenen und interessierten Studierenden und den

Arbeitgebern blieb aus, denn die SPD- Bundestagsfraktion hatte leider nur einen

einzigen Firmenvertreter eingeladen.

Dabei wäre gerade die Auseinandersetzung mit Arbeitgebern interessant

gewesen. Sie hätten erklären können, warum sie die jungen, flexiblen,

lernbereiten und hochqualifizierten Studenten und Absolventen derart

ausbeuten. So aber konnte es nur eine eher lasche Veranstaltung werden.



Krönung war die Antwort von Ulla Buchardt, Mitglied des Bundestages von der

SPD-Fraktion, auf die Frage einer Studentin während der "Nachgefragt-Runde":

Wie kann es sein, dass die SPD-Bundestagsfraktion zwar nette Forderungen

formuliert, aber die Praktikanten im Bundestag keinerlei Bezahlung erhalten?

Burchardt´s Kommentar: Nur Studierende mit gültiger

Immatrikulationsbescheinigung dürften im Bundestag ein Praktikum

absolvieren und keine Hochschulabsolventen.- Das müsste Betroffenen wie der

blanke Hohn vorkommen! Schließlich ist auch ein(e) StudentIn bereits eine

qualifizierte Arbeitskraft, die es wert ist, entlohnt zu werden! - Erst recht bei der

Einführung von Studiengebühren!

Solche Aussagen von Bundestagsabgeordneten lassen es fragwürdig

erscheinen, inwiefern sie wirklich ein Interesse daran haben, die Lage der

Studierenden zu verändern. Ganz abgesehen davon: Warum sollten große

Firmen etwas an ihrer Personalpolitik ändern, wenn die höchsten staatlichen

Institutionen selbst derart prekäre Arbeitsbedingungen für Studenten anbieten?

INFO

Am 1. April findet der erste europaweite PraktikantInnen- Aktionstag statt.

Organisiert haben ihn die DBG Jugend, der Verein Fairwork sowie Generation

Precaire - auch die Jusos Berlin nehmen teil. Bisher sind Aktionen in Paris,

Brüssel und Berlin bekannt.

Info: www.jusos-berlin.de

Henriette Müller

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