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Gemeinnützigkeit: Wie die SPD Wohnungen zum fairen Preis schaffen will

SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz will eine faire Art des Vermietens schaffen, damit Wohnen nicht weiter „kapitalisiert wird“. Im Interview erklärt sie, wie eine neue Gemeinnützigkeit aussehen könnte.
von Vera Rosigkeit · 19. September 2023
Zum Plan der SPD gehört, dass nicht nur Neubauten, sondern auch Bestandsimmobilien in die Gemeinnützigkeit überführt werden können.
Zum Plan der SPD gehört, dass nicht nur Neubauten, sondern auch Bestandsimmobilien in die Gemeinnützigkeit überführt werden können.

Welche Idee steckt hinter der neuen Wohngemeinnützigkeit?

Der Wohnungsmarkt ist die soziale Frage unserer Zeit. Wir brauchen weniger Markt und Gewinnorientierung, dafür mehr Gemeinwohl. Viel zu oft entscheidet der Geldbeutel, wer welche Wohnung bekommt. Das Angebot ist zu knapp, und Mieterinnen und Mieter sehen sich einem großen Ungleichgewicht ausgesetzt, da sich viele Bewerber um eine der knappen Wohnungen reißen. Meiner Meinung nach darf es nicht sein, dass Wohnen als essenzielles Grundbedürfnis eines jeden Menschen derart kapitalisiert wird. Daher wollen wir eine neue Art des Vermietens in den Vordergrund stellen, die dem Gemeinwohl dient. Wir wollen für Unternehmen einen Anreiz schaffen, Wohnungen zu einem fairen Preis zu vermieten, der unterhalb der ortsüblichen Miete liegt.

Warum neue Wohngemeinnützigkeit? 

Eine Wohngemeinnützigkeit gab es in Deutschland schon einmal. Sie ist aufgrund einiger Skandale rund um die „Neue Heimat“ von der schwarz-gelben Bundesregierung in den 1990er Jahren abgeschafft worden. Wir wollen das nochmal neu angehen und eine Wohngemeinnützigkeit schaffen, die Missbrauch gar nicht erst zulässt.

Wie sollen diese Anreize aussehen?

Bundesbauministerin Klara Geywitz hat drei verschiedene Umsetzungsoptionen skizziert und dem Haushaltsausschuss vorgelegt. Steuerliche Entlastung kann dabei z. B. gekoppelt sein an die Laufzeit, in der die Gemeinnützigkeit angeboten wird. Die Privilegierung ist also an einen Zweck gebunden. Dabei soll u. a. auch die Möglichkeit geschaffen werden, dass nur ein Teil eines Wohnkomplexes unter die Gemeinnützigkeit fällt, ein anderer nicht. So kann man auch für bereits bestehenden Wohnraum Anreize schaffen, diesen in die Gemeinnützigkeit zu überführen.

Das heißt, man müsste nicht nur neu bauen?

Einerseits müssen wir viel neu bauen, andererseits können wir aber auch direkt im Bestand entlasten. Und das ist ein Vorteil an der Rechtsform der Gemeinnützigkeit. Wenn es sie gibt, kann ich mich als Eigentümer oder Eigentümerin entscheiden, ob ich sie für einen Neubau nutze oder für eine Bestandsimmobilie. Auch, ob ich eine Immobilie ganzheitlich oder nur teilweise in die Gemeinnützigkeit überführe. Das macht Sinn, denn letztlich fallen immer mehr Wohnungen aus der sozialen Bindung heraus, als neue dazukommen. Die, die rausfallen, könnten zum Beispiel direkt in die Gemeinnützigkeit überführt werden.

Ist das ein Vorteil der Gemeinnützigkeit gegenüber dem sozialen Wohnungsbau, dass die Bindung zeitlich nicht befristet ist?

Beim sozialen Wohnungsbau fallen Wohnungen in der Regel nach 15 bis 20 Jahren aus der Sozialbindung heraus und die bisherigen Mieterinnen und Mieter müssen ihre Wohnungen teilweise verlassen, weil sie sich die dann steigenden Mieten nicht mehr leisten können. Da bietet die Gemeinnützigkeit bessere Planungssicherheit für Mieterinnen und Mieter. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Kriterien wegfallen, die der soziale Wohnungsbau voraussetzt, um überhaupt eine Wohnung anmieten zu können. So kann sich auch die Mittelschicht auf eine Wohnung bewerben, denn in den Metropolen haben inzwischen alle großen Probleme, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Das Instrument wirkt dann insgesamt mietpreisdämpfend.

Wie geht es weiter mit der Gemeinnützigkeit?

Das Bundesbauministerium hat Vorschläge gemacht. Jetzt müssen wir klären, in welchem Umfang wir das Projekt finanziell ausstatten. Alle Optionen brauchen eine Gegenfinanzierung, denn jede Begünstigung muss auch staatlich finanziert werden. Bis zu den haushalterischen Verhandlungen, die im Dezember abgeschlossen sein müssen, werden wir als SPD nun für unsere Optionen und für die neue Gemeinnützigkeit kämpfen.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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