Geld statt Bildung
Im August 2013 wurde von der schwarz-gelben Bundesregierung das Betreuungsgeld eingeführt. 100 Euro pro Monat erhalten seitdem Eltern, die ihr Kleinkind (vom 15. Lebensmonat bis zum Ende des dritten Lebensjahres) nicht in einer Kita betreuen lassen, sondern dies zu Hause selbst tun. Am 1. August 2014 wird der Betrag auf 150 Euro erhöht.
Die damalige Opposition sah darin einen völlig falschen Schritt. Von einer „Herdprämie“ sprach die SPD. Das Betreuungsgeld könne dazu führen, dass besonders ärmere Familien und Migranten ihre Kinder nicht mehr in eine Kita geben. Damit würden ausgerechnet den Kindern frühkindliche Bildungsangebote vorenthalten, die sie am dringendsten benötigen.
Betreuungsgeld hält von Kita-Anmeldung ab
Eine Studie der Technischen Universität Dortmund und des Deutschen Jugendinstituts bestätigt diese Einwände nun. Befragt wurden 100 000 Eltern mit Kindern unter drei Jahren. Die Forscher wollten wissen, welche Gründe Eltern bewegen, ihr Kind nicht in eine Tageseinrichtung zu geben. Von den Eltern, die keinen Schulabschluss haben und sich gegen eine Kita entschieden haben, gaben 31 Prozent das Betreuungsgeld als Grund an. Bei den Eltern mit Hauptschulabschluss liegt der Anteil bei 23 Prozent. Von den befragten Akademikern sahen nur acht Prozent die Geldleistung als Anzeiz, auf einen Kita-Platz zu verzichten.
Von den Familien mit Migrationshintergrund, die ihr Kind nicht in eine Kita geben wollen, begründeten das 25 Prozent mit dem Betreuungsgeld. Bei deutschstämmigen Familien sind es nur 13 Prozent.
SPD würde Betreuungsgeld gerne abschaffen
Die SPD-Fraktionsvizin im Bundestag Carola Reimann würde aus der Studie gern Konsequenzen ziehen. „Die SPD ist bereit, das Betreuungsgeld sofort abzuschaffen“, sagte sie. Das eingesparte Geld müsse so eingesetzt werden, dass es direkt bei den Kindern ankommt. Auch Bildungsministerin Manuela Schwesig ließ über eine Sprecherin ausrichten, dass sie das Betreuungsgeld nach wie vor skeptisch sehe.
Allerdings steckt die SPD in einer Zwickmühle. Im Koalitionsvertrag taucht das Wort Betreuungsgeld zwar nicht auf, doch ist allen Regierungsmitgliedern klar, dass seine Abschaffung mit der CSU wohl nicht zu machen ist. „Der Ball liegt nun im Spielfeld der Union“, sagt Carola Reimann deshalb.
Also konzentriert sich die SPD vorerst darauf, die Kita-Angebote auszubauen und ihre Qualität zu verbessern. „Bund, Länder und Kommunen müssten für Verbesserungen bei der Betreuungsqualität in Zukunft mehr Geld in die Hand nehmen“, unterstreicht etwa Sönke Rix, familienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
CSU beharrt auf der Leistung
Im Koalitionsvertrag vereinbart ist, dass die Ganztagsbetreuung in Kitas schrittweise ausgebaut wird. Außerdem sollen 4000 „Schwerpunkt-Kitas Sprache und Integration“ mit insgesamt 100 Millionen Euro extra gefördert werden. Bundesfamilienministerin Schwesig bereitet ein „Gesetz zum qualitativen Ausbau in der Kindertagesbetreuung“ vor, mit dem die Verteilung von 550 Millionen Euro aus Bundesmitteln für den Kita-Ausbau geregelt werden soll.
Ein weiteres Gesetz, das unter anderem einen verbindlichen Mindest-Personalschlüssel für Kitas festlegen soll, plant Schwesig laut einem Spiegel-Bericht erst für die kommende Legislaturperiode. Der Widerstand aus den Bundesländern, die steigende Kosten befürchteten, sei zu groß gewesen, heißt es dort.
Info
Einen Auszug aus der Studie hat der Forschungsverbund TU Dortmund am Montag ins Internet gestellt. Die Auswirkungen des Betreuungsgeldes werden ab Seite 132 erläutert. Zum Link geht es hier.
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.