Auf der Buchvorstellung "Rechtsextremismus in Europa" der Friedrich-Ebert-Stiftung warnen EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und die EU-Kommissarin für Inneres Cecilia Malmström vor der Spaltung Europas und der Zunahme von Menschenfeindlichkeit.
„Rechtsextremismus in Europa. Länderstrategien, Gegenstrategien und arbeitsmarktorientierte Ausstiegsarbeit“ heißt der Sammelband, den die Friedrich-Ebert-Stiftung am Montag in Berlin vorstellt. Auf der Konferenz zur Buchvorstellung skizzieren der Präsident des Europäischen Parlamentes Martin Schulz und Cecilia Malmström, EU-Kommissarin für Inneres, die Auswirkungen des wachsenden Rechtsextremismus in Europa.
Dabei betont Schulz die Errungenschaft der Europäischen Union, deren Grundidee der transnationalen Solidarität, das Gegenteil des Rechtsextremismus sei. „Wir nehmen diese zivilisatorische Errungenschaft und unsere Grundrechte als gegeben hin, als seien sie uns nicht mehr wert. Aber sie müssen jeden Tag, von jeder Generation neu erstritten werden.“
Rechtsextreme in europäischen Parlamenten
Der SPD-Politiker warnt eindrücklich vor den einfachen, europa- und menschenfeindlichen Antworten der Rechten, die die Existenzängste in Zeiten der Wirtschaftskrise missbrauchten. „Der Rechtsextremismus profitiert von den ungerechten Verteilung von Reichtum und Werten in der EU.“ Ob die antisemitische Jobbik-Partei in Ungarn, die rechtsradikale „Goldene Morgenröte“ in Griechenland oder die „Wahren Finnen“ in Finnland: In vielen europäischen Parlamenten sitzen Anhänger von menschenverachtenden Ideologien.
„Wir müssen anerkennen, dass es Rechtsextremismus gibt und er kostet auch heute noch Menschenleben“, sagt Schulz. Im Kampf gegen rechtsextremes Gedankengutes seien Bildungs- und Verteilungsgerechtigkeit die wichtigsten Schlüssel.
Auch die EU-Kommissarin Cecilia Malmström warnt vor der Zunahme des Rechtsextremismus in Europa. Die Krise verstärke Islamfeindlichkeit und Ausgrenzung unter anderem von Roma, so die ehemalige schwedische Europaministerin. „Der Rechtsextremismus ist nicht verschwunden. Wir brauchen eine starke politische Führung, die rechtsextreme Polemiken verurteilt und die Vorteile der Migration aufzeigt“.
Behörden auf dem rechten Auge blind
Dass das Nicht-Wahrhaben-Wollen von Rechtsextremismus ein wesentlicher Grund für das Versagen der Behörden bei der NSU-Mordserie war, sagt Barbara John. Die Regierungsbeauftragte für die Opfer und Opferangehörigen macht das eklatante Missverhältnis zwischen der Aufmerksamkeit für die Opfer und Täter der „Zwickauer Zelle“ deutlich.
„Wenn ich sie nach dem Namen der Täter frage, werden sie ihnen alle einfallen. Wenn ich nach den Namen der Opfer frage, wird das ganz anders ausfallen“. Sie sei überzeugt, dass Deutschland kein rassistisches Land sei, sagte John, aber der Rassismus werde auch nicht aktiv bekämpft. „Dem radikalen und dem bürgerlich rechtem Denken wird zuviel Raum und zuwenig Widerspruch gegeben. Wir müssen über die Dinge sprechen, die in diesem Land nicht stimmen“.
Den Sammelband „Rechtsextremismus in Europa. Länderanalysen, Gegenstrategien und arbeitsmarktorientierte Ausstiegsarbeit“ stellt die Friedrich-Ebert-Stiftung in deutscher und englischer Sprache zum Download zur Verfügung.