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Gegen die Blockade der Union: Damit die „Sauereien“ in der Fleischindustrie ein Ende haben

CDU und CSU machten sich zum Komplizen moderner Sklaverei, schreibt der katholische Pfarrer Peter Kossen. Für ihre Blockade gegen das Arbeitsschutzkontrollgesetz und dem Einknicken vor der Fleischlobby erntet die Union derzeit zu Recht harsche Kritik.
von Vera Rosigkeit · 26. Oktober 2020
In der Fleischindustrie kam es zuletzt zu zahlreichen Neuinfektionen mit dem Virus Sars-Cov-2
In der Fleischindustrie kam es zuletzt zu zahlreichen Neuinfektionen mit dem Virus Sars-Cov-2

Die Missstände in der Fleischindustrie, die unter anderem zu hunderten von Corona-Infektionsfällen geführt hatten, durch häufigere Kontrollen und einer Mindest-Kontrolldichte zu beenden, war Ziel des Arbeitsschutzkontrollgesetz. Bereits im Juli hatte sich die Bundesregierung darauf geeinigt, Beschäftigte besser zu schützen und Werkverträge und Leiharbeit in der Fleischindustrie zu verbieten. Nun hat der Koalitionspartner  CDU/CSU das Gesetz von der Tagesordnung genommen.

Heil: Gewinne auf dem Rücken der Schwächsten

Dabei habe die Fleischindustrie immer wieder versucht, Gesetze zu umgehen und Schlupflöcher zu finden, um auf dem Rücken der Schwächsten Gewinne zu maximieren, erklärte Bundesarbeitsminister Heil am Samstag. Erst vor wenigen Wochen hätten 800 Polizeibeamte bundesweit Zeitarbeitsfirmen der Fleischindustrie durchsucht und festgestellt, dass die Missstände andauerten. „Dass die Union nun versucht, das Gesetz im parlamentarischen Verfahren zu verzögern und zu verwässern, ist nicht akzeptabel“, kritisiert er. Heil mahnt, nicht den Versuchen der Lobbyisten nachzugeben, Schlupflöcher in das Gesetz zu formulieren. Vielmehr müsse der den Sumpf in Teilen der Fleischindustrie mit diesem Gesetz richtig austrocknen und dürfen“, fügte er hinzu. Den Koalitionspartner fordert Heil auf, Verantwortung zu übernehmen, damit das Gesetz zum 1.1. 2021 in Kraft treten könne.

Esken: Sauereien im Umgang mit Mitarbeiter*innen

Für SPD-Chefin Saskia Esken geht es um mehr Anstand und Respekt auf dem Arbeitsmarkt. „Die Sauereien im Umgang mit Mitarbeitern in der Fleischindustrie müssen ein Ende haben“, erklärt sie via Twitter. Und dies auch im Interesse „der Verbraucher, die sich nicht mitverantwortlich machen wollen“. Rolf Mützenich, der Chef der SPD-Bundestagsfraktion, kritisiert: „Wenn sich CDU und CSU weiter weigern, stellen sie den Profit der Fleischlobby über die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und über die Verabredungen in der Koalition.“

In dieser Kriitk unterstützt wird er vom Vorsitzenden der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Guido Zeitler. Der betont: „Wird das Gesetz so windelweich gekocht, dass es seinen Zweck nicht erfüllt, wird das Vorurteil bestätigt, dass in Berlin die Lobbyisten entscheiden“. Es sei kaum zu glauben, dass es bei der CDU/CSU immer noch Menschen gebe, „die auf die Scheinargumente der Fleisch-Lobby vertrauen“.

Auf den Einwand seitens der Union, dass die Gesetzregelung besondere Auftragsspitzen in der Fleischverarbeitung, wie beispielswiese die Grillsaison nicht berücksichtige, kontert Katja Mast, Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion: „Fleisch schmeckt ohne Leiharbeit und Werkverträge besser!“ Es brauche ein Arbeitsschutzkontrollgesetz so schnell wie möglich und ohne Aufweichung. Via Twitter schreibt sie: „Die Grillsaison gönne ich jedem. Aber: Auch andere Branchen müssen Arbeitsspitzen managen.“

Union als Komplize moderner Sklaverei

Besonders scharfe Kritik aber kam am Sonntag von der katholischen Kirche. Theologe und Menschenrechtler Peter Kossen teilte mit, dass die Unionsfraktion im Bundestag in „erbärmlicher und empörender Weise“ versuche, das überfällige Gesetz zu verzögern und zu verwässern. Damit machten sich CDU und CSU „zum Komplizen moderner Sklaverei, statt diesen Sumpf trockenzulegen“. Man dürfe „keine Zugeständnisse auf Kosten von Würde und Gerechtigkeit“ machen, erklärte der Sozialpfarrer auf katholisch.de, dem Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland.

Die Bundesregierung habe das Arbeitsschutzkontrollgesetz auf den Weg gebracht, um mit den unhaltbaren Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie aufzuräumen, betont Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Er kündigte an: „Ich kämpfe dafür, dass das Gesetz ohne Verwässerung durch Lobbyisten im Bundestag beschlossen wird.“

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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