Geflüchtete aus Moria: SPD fordert Bundesaufnahmeprogramm
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Die SPD fordert ein Bundesaufnahmeprogramm für die Menschen aus dem abgebrannten Lager Moria auf der griechischen Insell Lesbos. „Von 16 Bundesländern haben 14 schon erklärt, dass sie bereit sind, mehr Menschen aufzunehmen“, sagte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion am Freitag im Parlament. Hinzu kämen 174 Städte, die sich zu „sicheren Häfen“ erklärt hätten. „Werfen Sie Ihr Herz über die Hürde“, appellierte sie an Bundesinnenminister Horst Seehofer, „und sagen Sie gemeinsam mit diesen Ländern und Städten wie machen nochmal gemeinsam ein Bundesaufnahmeprogramm“.
Zuvor hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer konkretisiert, wieviele Geflüchtete aus Moria aufgenommen werden. Deutschland wird demnach 100 bis 150 minderjährige Geflüchtete aufnehmen, Frankreich in etwa im selben Umfang. Zudem sei die Bundesregierung „mit weiteren Ländern im Gespräch“, sagte Seehofer. Die Niederlande etwa hätten angeboten, 50 Geflüchtete aufzunehmen. Die Aufnahme von ingesamt 400 Personen solle möglichst schnell erfolgen, so der Bundesinnenminister.
Seehofer: Hilfe vor Ort am wichtigsten
„Das Wichtigste“, stellte Seehofer am Freitag aber auch klar, „ist die Hilfe vor Ort“. Am Donnerstagnachmittag habe die Bundesregierung eine Bedarfsliste von der Regierung in Athen erhalten. Ein erster Transport von Transport von Hilfsgütern wie Zelten und Feldbetten sei bereits unterwegs wie Bundesaußenminister Heiko Maas auf Twitter mitteilte:
Die Soforthilfe sowie die Umsiedlung der 400 Minderjährigen sei aber nur „ein erster Schritt“, versicherte Seehofer. Dass schnell weitere folgten, „darauf kann sich jeder verlassen“. So arbeite die Bundesregierung weiter an einer raschen Lösung auf europäischer Ebene. Seehofer wolle dieses „drängendste Problem in Europa“ in der kommenden Woche im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft angehen. Es müsse dafür gesorgt werden, dass es vor allem für Familien mit Kindern „rasch“ eine europäische Lösung gibt. Das bedeute nicht, das Problem „auf unbestimmte Zeit zu verschieben“, betonte Seehofer.
Schinas: Moria ist Warnung, dass wir etwas ändern müssen
Die EU-Kommission will am 30. September ihren lange angekündigten Entwurf eines europäischen Migrationspakts vorlegen. Das kündigte der aus Athen zugeschaltete Vize-Präsident der Kommission, Margaritis Schinas, an. „Wir haben versagt, weil einige Regierungen eine europäische Einigung blockiert haben“, gab Schinas zu. Nun sei die Zeit vorbei, dass es keine gemeinsame Migrationspolitik in Europa gibt. „Moria ist eine starke Mahnung an uns alle, was wir in Europa ändern müssen“, so der Kommissionsvizepräsident.
Auf Lesbos soll „so schnell wie möglich“ ein modernes Aufnahmezentrum für Geflüchtete entstehen, das gemeinsam von Griechenland und der EU betrieben wird. Bundesinnenminister Seehofer sieht dieses als „Blaupause“ auch für andere Lager wie etwa auf Zypern. Er verteidigte den Ansatz eines gemeinsamen europäischen Vorgehens und wies damit Forderungen auch aus der Union zurück, Deutschland müsse deutlich mehr Menschen aus Moria aufnehmen. „Wenn Deutschland allein handelt, gibt es keine europäische Lösung.“
Jusos fordern Koalitionsausschuss
Den Jusos reicht das nicht aus. „Seehofer versteckt sich hinter Merkel. Beide nehmen eine humanitäre Katastrophe in Griechenland billigend in Kauf. Moria muss evakuiert werden“, schrieben sie noch während der Pressekonferenz auf Twitter und forderten: „#KoalitionsauschussJetzt“.
Ähnlich hatte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Donnerstag argumentiert und die Aufnahme von nur 400 unbegleiteten Minderjährigen als „eine bittere Enttäuschung“ und einen „Tropfen auf den heißen Stein“ bezeichnet. Wenn der Bundesinnenminister seine Blockade der Hilfsangebote aufnahmebereiter Kommunen nicht aufgebe und Deutschland keinen „maßgeblichen Beitrag“ leiste, werde die die SPD eine Koalitionsausschuss einberufen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.