Geflüchtete aus der Ukraine: Wie Deutschland besser sein will als 2015
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Es ist spät, als Bundeskanzler Olaf Scholz, Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst die Einigung verkünden. Gegen 23 Uhr verkünden sie, dass sich Bundesregierung und Ministerpräsident*innen darauf geeinig habent, wie Bund, Länder und Kommunen Verantwortung und Kosten aufteilen, die dadurch entstehen, dass gerade tägliche tausende Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland ankommen. Inzwischen haben schon mehr als 300.000 Deutschland erreicht.
Zunächst werden die Länder vom Bund zwei Milliarden Euro erhalten, die Kommunen bekommen davon 500 Millionen. Damit sollen zunächst Kosten für Unterbringung, Unterstützung und Integrationsleistungen abgedeckt werden. (So werden die Kosten zwischen Bund und Ländern konkret aufgeteilt)
Ab Juni: Grundsicherung für Geflüchtete
Neben dieser pauschalen Entlastung gibt es auch klare Regelungen für die Zukunft: Die Geflüchteten aus der Ukraine können ab dem Juni Grundsicherung beantragen. Sie werden damit künftig gleichgestellt mit Geflüchtete, denen in Deutschland Asyl gewährt wurde. Dieser Status musste geklärt werden, da Ukrainer*innen aktuell keinen Asylantrag stellen müssen – sie werden in der EU als Kriegsflüchtlinge direkt und unkompliziert aufgenommen.
In Bürokratisch heißt das, dass die Geflüchteten in Deutschland Leistungen nach SGB II (Sozialgesetzbuch II) erhalten. Diese Einstufung setzt aber noch einige andere Dinge in Bewegung, wie Bundeskanzler Scholz erklärt: „Zum Beispiel die Integration in Arbeit.“ (SPD-Arbeitsmarktexperte Martin Rosemann erklärt im Interview: Warum Arbeit so wichtig ist für die Integration)
Mit anderen Worten: Ab Juni werden die Ukrainer*innen auch von Jobcenter und Arbeitsagentur bei der Suche nach Arbeit und vielem mehr beraten, betreut, unterstützt. Und damit ist auch direkt die Frage geklärt, wer diese Leistungen am Ende zahlt: Arbeitsagentur und Jobcenter fallen in die Ressortverantwortung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales – der Bund kommt also regulär auch für diese Kosten auf. Eine Lösung, die auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Donnerstag begrüßt. „So ermöglichen wir gute Gesundheitsversorgung, soziale Unterstützung und Vermittlung in den Arbeitsmarkt durch die Jobcenter“, schreibt der Sozialdemokrat noch am Abend auf Twitter.
Scholz erinnert dabei auch an seine eigenen Erfahrungen aus der Flüchtlingskrise 2015, da war er noch Erster Bürgermeister in Hamburg. Solche Finanzierungsfragen hätten sich damals über sehr lange Zeit hingezogen, verbunden mit Streit. „Das alles haben wir jetzt vermieden. Das finde ich sehr gut und das ist vorbildlich für das, was wir für die nächste Zeit gemeinsam zu bewältigen haben.“
Integration: Fehler aus 2015 vermeiden
Es ist eine grundlegende Veränderung der Integrationsarbeit, wie auch Franziska Giffey erklärt: „Heute ist ein Tag, an dem die neue Bundesregierung zeigt: Sie macht es besser.“ Berlins Regierende Bürgermeisterin verweist dabei auf ihre Erfahrungen als Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln. Sie wisse, an welchen Stellen erfolgreiche Integration behindert wird: „Das lag auch daran, dass die Menschen nicht die Möglichkeit hatten, von Anfang an gut integriert zu sein, in Arbeit zu kommen, eine Perspektive zu haben.“
Der Zugang zu Leistungen sei entscheidend dafür, ob Integration gelinge oder nicht, so Giffey mit Verweis auch auf die Gesundheitsversorgung bis hin zu Deutschkursen für die Geflüchteten. „Das bedeutet, dass wir für sehr viele Menschen in den kommenden Wochen und Monaten eine gute Arbeit leisten werden können“, dankt Giffey konkret auch dem Bundeskanzler dafür, dass die Belange der Länder bei ihm Gehör gefunden hätten.
Über die Grenze kommen laut der Bürgermeisterin viele Menschen, die eigentlich gut qualifiziert seien – sie hätten nur auf der Flucht eben nicht „ihre ganze Zeugnismappe“ dabei. Doch das soll künftig keine Hürde sein, um ihre Qualifikation nachweisen zu können und schnell in Deutschland Arbeit zu finden. So sollen die Ukrainer*innen laut Giffey selbst erklären können, welche Qualifaktion sie haben und so schnell vermittelt werden können: „Viele Betriebe suchen schon jetzt nach Fachkräften.“
Schon das Jahr 2023 im Blick
Mit dieser Ministerpräsidentenkonferenz ist die Frage der Integration und Versorgung von Geflüchteten allerdings nicht abgeschlossen – auch künftige Treffen werden sich dieser Frage widmen. Und spätestens im November soll es außerdem eine Perspektive geben, wie es im Jahr 2023 weitergehen soll.