Die energetische Gebäudesanierung hat einen beträchtlichen Anteil an der Energiewende. Allerdings reichen die bisher von der Bundesregierung geplanten Reformen nicht aus, kritisieren einmütig Deutscher Mieterbund und Haus & Grund. Am Mittwoch haben sie ihre Forderungen vorgestellt.
Normalerweise sind Franz-Georg Rips und Rolf Kornemann so etwas wie natürliche Gegenspieler. Rips, Präsident des Deutschen Mieterbunds (DMB), ist Chef-Vertreter derjenigen, die in Wohnungen wohnen, Haus & Grund-Präsident-Kornemann vertritt die, denen diese Wohnungen gehören. Mittwochvormittag sitzen beide einträchtig im Haus der Bundespressekonferenz im Berliner Regierungsviertel nebeneinander, um ihre „gemeinsamen Forderungen für eine sozial verträgliche Energiewende“ vorzustellen.
„Dieses Zusammentreffen dürfte ein Aha-Erlebnis für die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien sein“, mutmaßt Rolf Kornemann. Zwar sprechen sich beide Verbände klar für die Energiewende aus – Kornemann nennt sie „das zentrale Projekt dieser Legislatur“ – doch über das Wie herrschen unterschiedliche Vorstellungen. „Wir brauchen ausgewogene, klare, verständliche, Streit verhindernde Rahmenbedingungen und Vorgaben für die energetische Gebäudesanierung“, sagt Kornemann – und Franz-Georg Rips nickt.
Den Staat stärker in die Pflicht nehmen
In den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) kommt die Gebäudesanierung nicht vor. Und auch im Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU bleibt sie ein Randthema. Zwar geben die drei Parteien das Ziel aus „bis zum Jahr 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu haben“, doch der Weg dahin ist aus Sicht von DMB und Haus & Grund bisher noch unklar.
„Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Reformen reichen nicht aus, sie werden den komplexen und vielfältigen Fragestellungen der energetischen Gebäudesanierung nicht gerecht“, kritisiert Franz-Georg Rips. Und Rolf Kornemann ergänzt: „Viele Eigenheimbesitzer sind verunsichert.“ Seine Schlussfolgerung: „Der Staat kann stärker in die Pflicht genommen werden.“
Ziel der beiden Verbände ist es, dass sich „Investitionen in die energetische Modernisierung für Vermieter und Mieter rechnen“ – also für den Vermieter im Laufe der Zeit amortisieren und sich für den Mieter durch Einsparungen ausgleichen lassen. „Eine steuerliche Förderung der energetischen Modernisierung ist dafür unverzichtbar“, sagt Rolf Kornemann. Daneben setzt er auf zinsvergünstigte Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Diese unterstützt zwar schon heute Hausbesitzer, wenn sie ihre Fassade dämmen, doch nach Ansicht Kornemanns gibt es Nachbesserungsbedarf. So müsse der „Endenergieverbrauch“ stärker in den Blick genommen werden.
Bundesregierung ist gesprächsbereit
Der Wohnbereich schlägt beim deutschen Gesamtenergieverbrauch mit 20 Prozent zu Buche. Zum Vergleich: in der Industrie sowie im Verkehrsbereich sind es jeweils etwa 30 Prozent. „Der Gebäudebereich ist eine Energieverschleuderungsmaschine“, stellt Rolf Kornemann klar. Dennoch gebe es noch großes Einsparpotenzial. „Wir müssen allerdings die Rahmenbedingungen verändern, um zum Erfolg zu kommen“, sagt Franz-Georg Rips.
Die mietrechtlichen Regelungen dafür soll nach Vorstellung von Mieterbund sowie Haus & Grund eine Arbeitsgruppe der Bundesregierung schaffen. Diese scheint dazu bereit zu sein. So berichtet Rips in der Bundespressekonferenz von einem Besuch bei Bundesbauministerin Barbara Hendricks am vergangenen Dienstag. Sie habe zugesagt, ein „Bündnis für Wohnen“ ins Leben zu rufen, in dem es auch eine Unterarbeitsgruppe geben soll, die die Umlage energetischer Sanierungskosten neu regelt. „Die Bundesregierung will mit allen Beteiligen ergebnisoffen diskutieren“, berichtet Rips.
Schließlich ist auch den Koalitionären klar, was Rolf Kornemann zum Abschluss der einträchtigen Präsentation auf den Punkt bringt: „Auf Dauer werden Sie Wohnungen nur vermieten können, wenn die Energieeffizienz stimmt.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.