Gauck: „Euer Hass ist unser Ansporn“
„Wir schenken euch nicht unsere Angst. Euer Hass ist unser Ansporn“, entgegnete Bundespräsident Joachim Gauck den Terroristen in seiner Rede am Dienstagabend vor dem Brandenburger Tor. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland, die Türkische Gemeinde in Berlin und andere muslimische Verbände hatten zu der Mahnwache „Zusammenstehen, Gesicht zeigen!" aufgerufen. Damit sollten der 17 Terroropfer in Paris gedacht und islamfeindlichen Bestrebungen entgegengetreten werden.
Kampf gegen Terrorismus
Dem Aufruf folgten tausende Vertreter der Zivilgesellschaft und demonstrierten das, was der Bundespräsident aussprach: „Die Terroristen wollten uns spalten. Erreicht haben sie das Gegenteil. Sie haben uns zusammengeführt“. In seiner Ansprache rief er alle Menschen in Deutschland unabhängig von Religion und Herkunft zum Einsatz für Demokratie und Weltoffenheit auf: "Wir alle sind Deutschland", sagte Gauck. Auch der katholische Berliner Weihbischof Matthias Heinrich bekräftigte den Willen aller, sich nicht gegeneinander aufbringen zu lassen. Dazu müsste der Dialog aller Religionen fortgesetzt werden, betonte der evangelische Bischof Markus Dröge.
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, brachte in seiner Rede seine Trauer über die Anschläge von Paris zum Ausdruck und sagte dem islamistischen Terrorismus den Kampf an. „Die Terroristen haben nicht gesiegt, und sie werden nicht siegen." Für Einschüchterung und Gewalt wie beim Überfall auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" gebe es keine Rechtfertigung. „Wir werden es nicht zulassen, dass unser Glaube missbraucht wird. Wir werden es nicht zulassen, dass unsere Gesellschaft von Extremisten, die nur das Ziel haben, Hass und Zwietracht zu stiften, auseinandergerissen wird“, sagte Mazyek. Gauck dankte allen Muslimen, die sich vom Terror im Namen des Islam distanzierten. Dies sei „ein patriotisches 'Ja' zu dem Land, in dem wir gemeinsam leben – zu unserem Land", so das Staatsoberhaupt.
Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, forderte die gesamte Welt „vor allem aber die Muslime selbst“ auf, gegen den islamistischen Terrorismus vorzugehen. Die Islamisten wollten die freiheitlichen westlichen Demokratien treffen und die Juden vernichten. Dem Zentralrat liege es fern, "alle Muslime zu verdächtigen oder gar diese Religion zu verunglimpfen". Die muslimischen Staatschefs und Imame müssten jedoch ihren Einfluss nutzen, um radikalisierte Islamisten zurückzudrängen.
Alle im Bundestag vertretenen Parteien bei Mahnwache
Auch zahlreiche Vertreter der Bundesregierung, unter ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Sigmar Gabriel sowie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, setzten gemeinsam ein Zeichen gegen den Terror und für ein "weltoffenes und tolerantes Deutschland und für Meinungs- und Religionsfreiheit". Sie demonstrierten wie viele andere Teilnehmer zum Abschluss Einigkeit. Nach dem Vorbild des Trauermarsches in Paris vom Sonntag hakten sie sich unter und schlossen die Reihen.