Inland

Gasumlage: Wie Energiekrise, Inflation und Entlastung zusammenhängen

Um 2,4 Cent pro Kilowattstunde soll ab Oktober der Gaspreis steigen – so hoch fällt die Umlage zunächst aus. Eine Zahl, mit der nun gerechnet wird, während allerdings noch mindestens eine Frage unbeantwortet ist.
von Benedikt Dittrich · 15. August 2022
Die Gasspeicher füllen sich – doch zu welchem Preis?
Die Gasspeicher füllen sich – doch zu welchem Preis?

Expert*innen und Politik warnen bereits seit geraumer Zeit vor den extrem gestiegenen Gaspreisen, es wird regelmäßig zum Sparen aufgerufen. Wie teuer die Gasrechnung aber genau wird, ist noch unklar. Mit der nun verkündeten Gasumlage ist aber zumindest eine bisherige Unbekannte inzwischen sichtbar: Sie wird 2,4 Cent pro Kilowattstunde betragen. Aber was bedeute das eigentlich finanziell?

Gasumlage erhöht Abrechnung

Für die Berechnung der Abschlagszahlungen nutzen Energieversorgungsunternehmen Durchschnittswerte aus der Vergangenheit und Prognosen für den künftigen Verbrauch, die sich auch an der Haushaltsgröße orientieren. Diese sind auch die Grundlage für die Berechnung der zusätzlichen Belastungen. Das Vergleichsportal „Verivox“ hat mit den jetzt verkündeten 2,4 Cent folgende Zusatzkosten pro Jahr berechnet:

  • Single-Haushalt (5.000 kWh): 144 Euro
  • Paar-Haushalt (12.000 kWh): 345 Euro
  • Einfamilienhaus (20.000 kWh): 576 Euro

Das wären je nach Haushalt pro Monat zwischen 12 und 48 Euro zusätzlich. Doch das ist noch nicht die tatsächliche Endabrechnung für Verbraucher*innen: Denn  grundsätzlich sind die Kosten pro Kilowattstunde Gas gestiegen. Deutschland kauft derzeit zusätzliches teures Gas am Weltmarkt ein, um fehlende Importe aus Russland auszugleichen. Und auch die Umlage selbst soll alle drei Monate angepasst werden, kann also steigen oder sinken.

(Wie hoch, für wen, ab wann: Alle Infos zur Gasumlage in unserem FAQ)

Andersherum ist aber auch nicht berücksichtigt, wie viel Energie womöglich bereits jetzt gespart wird. Denn über den realen Verbrauch entscheidet auch das eigene Verhalten beim Heizen, Duschen oder Kochen und wie streng der Winter in Deutschland wird. Es ist wie bei den bisherigen Abschlagszahlungen auch: Entscheidend ist schlussendlich die Endabrechnung.

Mit dem Unterschied, dass wohl niemand so viel einsparen wird, dass er oder sie am Ende Geld zurückbekommt. Schließlich werden Abschlagszahlungen erst im Nachgang erhöht, auch wenn einige Vermieter*innen ihren Mieter*innen das vorzeitig bereits vorgeschlagen haben. Zustimmen müssen die Mieter*innen dem aber nicht.

Mehrwertsteuer – eine europäische Frage

Einberechnet ist in den Kosten laut „Verivox“ bereits die Mehrwertsteuer. Auf die möchte die Bundesregierung verzichten, um die Kosten direkt etwas abzumildern – es geht immerhin um 19 Prozent. Doch laut EU-Recht darf ein Staat darauf nicht einfach verzichten. Deutschland hat um eine Ausnahmeregelung gebeten, eine Antwort steht laut einer Sprecherin aber noch aus. Sollte das nicht gelingen, würde die Regierung andere Entlastungsmechanismen schaffen, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag in einem Statement.

Ohnehin wird bereits an weiteren Entlastungen gearbeitet. Das hatten sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch weitere SPD-Minister*innen und -Spitzenpolitiker*innen bereits angekündigt. Hinzu kommt, dass bereits beschlossene Entlastungen in den kommenden Wochen ausgezahlt werden – beispielsweise der Heizkostenzuschuss von 300 Euro für Arbeitnehmer*innen. Das 9-Euro-Ticket, was die Fahrtkosten von einigen Menschen noch bis Monatsende senkt, läuft dann allerdings auch aus.

Teure Energie heizt Inflation an

Ökonom*innen warnen deswegen davor, dass die Gasumlage die Inflation ab Oktober wieder anheizen dürfte. Das Institut für Makroökonomik und Konjunkturforschung rechnet beispielsweise mit einer Inflation von rund einem Prozent allein durch die jetzt verkündete Gasumlage. Ohne Mehrwertsteuer auf die Umlage wären es immernoch 0,8 Prozent, wie IMK-Präsident Sebastian Dullien erklärt.

„Es wird teuer – da gibt es kein drum herumreden“, erklärte denn auch Bundeskanzler Olaf Scholz erneut auf Twitter an diesem Montag – und versicherte ebenso: „Wir schnüren ein weiteres Entlastungspaket.“

Entlastungen, die aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion gezielt wirken müssen. Fraktionsvize Matthias Miersch plädierte am Montag deswegen für Unterstützung von Haushalten, die keine staatlichen Transferleistungen erhalten und sagte explizit: das gelte auch für Rentner*innen.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare